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1. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 881

1874 - Mainz : Kunze
Europa — Schweiz. 881 Freiheit und Geschichte, so die Wiege der schweizerischen Literatur und Geistesbildung; die Republick kann existiren wie mit, so ohne romanische Zuthat, aber ohne den deutschen Stammhalt würden nur etliche französisch oder italienisch redende Cantone übrig bleiben. Die Schweiz umfaßt das Mittelgebiet der Alpen, welche es zum höchsten Lande Europas machen: sie ist kein durch bestimmte Naturgrenzen abge- fchlossenes Ganze, im Gegentheil, ihr Haupttheil, das Gebiet des Hoch- ^Heines, gehört in natürlicher Beziehung, wie hinsichtlich des Volksthums zu Deutschland und das alte deutsche Reich hat eben, indem es im west- Mischen Frieden die vereinigten Schweizercantone aus seiner Oberhoheit entließ, auf seine feste und sichere Naturgrenze und die wichtigsten Alpen- Pässe nach Italien hin, also auf seine natürliche Bergfestung verzichtet. Der Gebirgsknoten des Gotthard bildet für das Gebirgs- und Gewässersystem der Schweiz einen Mittel- und Ausgangspunkt! eine Linie von der Nord- westecke bei Basel gegen diesen Punkt scheidet die Ost- und Westschweiz. Von ihm aus ziehen in der Streichungslinie von Nordost nach Südwest die beiden Hanptthäler der Schweiz, nämlich die des Rheines und der Rhone, beide im ganzen und im einzelnen überraschende Ähnlichkeiten zeigend, auf der Südseite eingefaßt von der Uralpenzone der rhätischen, lepontinischen und penninischen Kette, auf der Nordseite von den größtentheils aus Kalk aufgebauten Tödi-, Urner und Berner Alpen. Der Rhein macht sein Knie bei Chur, um nordwärts zum Bodensee, die Rhone bei Martinach, um gleichfalls nordwärts zum Genfer See zu fließen. So ist die Schweiz das Quellgebiet für große Ströme, welche den Ländern ange- hören, deren Grenzland sie bildet: für Rhein (Deutschland), Rhone (Frank- reich), Po (Italien) und Jnn-Donau (Oesterreich). Das Quellgebiet des Rheines gehört ihr (mit Ausnahme der östlichsten Zuflüsse) ganz an, das der Rhone zum Theil, zu Po und Donau sendet sie nur wenig Gewässer. Mit dem Antheil, den sie an jenen Stromgebieten hat, steht im allgemeinen die Stammverschiedenheit ihrer Bewohner und deren Zahlenverhältnisse im Einklänge — die Flußthäler waren eben den nach dem Sturze der Römer- Herrschast in die Hochalpen eindringenden germanischen Völkerschaften Führer: die Allemanen drangen durchs offene Rheinthal vor, die Burgunder durch das der Rhone, die Markmannen und Gothen (Bajuvaren) kamen von der Donauseite. Wie der größte Theil der Schweiz dem Rheingebiete angehört, so ist denn auch dies ganze Quellland des Rheines, sowie das Rhonethal im obern Wallis und der größere Theil des Jnnthales im Engadin von Deutschen bewohnt. Eine Art Naturgrenze für die Schweiz bilden die Läuteruugsbeckeu der in offenen Stromthälern das Land verlassenden Flüsse: Boden-, Langen- und Genfer See: außerdem ist sie von Italien durch höchste Theile der Central-Alpen geschieden. Die
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