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1. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 967

1874 - Mainz : Kunze
Europa - Polen. 967 roh, Gewerb und Handel fast nur in den Händen der Juden, die gar bald uuent- behrlich wurden. Uebrigeus war der Sinn der polnischen Nation kriegerisch und frei- heitliebeud. Das Volk bestand aus den Freien oder Grundbesitzern, welche die weiten Wälder, Sümpfe, Heiden und Ackerflächen zu ihrem Eigenthum gemacht; und aus den Hörigen, die wahrscheinlich größtentheils Nachkommen bei der Einwanderung unterjochter Urbewohner oder eingebrachte Kriegsgefangene waren. Unter den Freien errangen sich die Reichsten, die Beamten (hohe Beamten oder Statthalter hießen Woi- woden d. i. Feldherrn) und Fremde, die man etwa begünstigte, ein höheres Ansehen; doch sank dadurch der Stand der Freien überhaupt nicht so hinab, wie bei den Ger- manen durch die Entstehung des Lehensadels geschah. Littauen *) und Polen waren anfangs von mäßigem Umfange, wie alle angehen- den Staaten. Als aber ihre östlichen Nachbarn, die Russen, im 13. Jahrhundert in mongolische Dienstbarkeit und in Schwäche geriethen, griff der littauische Großfürst um sich, der polnische König desgleichen, ja beide nunmehr mächtiger gcwordne Staaten wurden zu einem Reiche verbunden. Mit König Kasimir dem Großen**), der 1370 starb, erlosch nämlich der Mannsstamm des alten polnischen Regentenhauses der Pi asten; seiner Schwester Tochter Hedwig ward mit dem heidnischen Großfürsten Iagiel (Jagello) von Littauen vermählt, und dieser (1386) mit der polnischen Krone beehrt. Ganz Littanen ward nun christlich, und Polen trat in die Reihe der Groß- mächte des östlichen Europas ein. Umsomehr dehnte sich die Herrschaft aus. Am Schluß des 14. Jahrhunderts besaß man alles Land bis zur Wasserscheide, die das große Stromgebiet des Dujepr von Don und Wolga trennt; und 1466. nachdem der deutsche Orden besiegt war, kam durch den Frieden zu Thoru noch ein Stück Preußens an der Uuter-Weichsel, und im folgenden Jahrhundert sogar Livland hinzu. Die westliche Hälfte des vereinten Reichs hieß fortwährend Polen, die östliche Littauen. Vielleicht hätte sich durch die Verbindung mit dem Ordenslande allmählich mehr Civilifation die Weichsel aufwärts gezogen, und der Verkehr mit den Völkern der Ostsee, wie auch der Jdeenkampf der Reformation, Vortheilhaft cmf die Polen gewirkt; allein mit dem Aussterben des jagellonischen Stammes 1572 begann ein Znstand der Ver- *) Die littauische Sprache ist im Norden gegenwärtig durch eine Linie begrenzt, die man von Pskow (Südspitze des Peipussees) an den Rigaer Golf zieht, mdem die Landbevölkerung von Kurland und vom südlichen Livland größtentheils den Dialekt des Littauischeu redet, der lettisch genannt wird, aber vielfach mit fremden (deutschen, russischen, finnischen) Wörtern durchsetzt ist, während das südlich von Kurland und bis über den Niemen hinüber gesprochene eigentliche Littauisch sich durch Alterthümlich- keit und großen Reichthum an volltönenden Formen — es hat, trotz der hohen poetischen Begabung des Volkes, nie zu einer eigentlichen Literatursprache sich entwickelt — aus- zeichnet und unter alleu indogermanischen Sprachen dem Sanskrit am nächsten stehen soll, aber durch das Andringen des Deutschen und des Russischen auf immer engere Grenzen eingeengt und deshalb früher oder später das Schicksal des Preußischen theilen, d. h. völlig erlöschen wird (S. S. 634 und 809). Die jetzige Ostgrenze des Littanischen ist eine Linie von Pskow nach Grodno. *) Er hatte auch den von Krakau und Lnblin südlich gelegenen Staat Halicz (Galizien), wo einslavischer, vom polnischen etwas verschiedener Dialekt geredet wurde, nach dem Tode des dortigen Fürsten mit Polen vereint. Er suchte die Hörigen gegen die Freien zu schützen,und erhielt deshalb den ehrenden Beinamen: Der Bauernkönig.
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