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1. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 974

1874 - Mainz : Kunze
974 Europa — Rußland. Kaptschak zerfiel in Trümmer. Sofort erhob sich nach 272 Jahrhunderten das russische- Großfürstenthum. Jwun I. Wasiljewitsch, Großfürst zu Moskau, machte durch die Schlacht bei Ugra (1480), wo ein russisches und ein mongolisches Heer miteinander kämpften und beide vor einander flohen, sich von mongolischer Herrschaft frei, eroberte die Länder bis zum weißen Meer, erklärte das Reich für nntheilbar, schickte sogar 1491 zum deutschen Reichstage nach Frankfurt Gesandte (deren Wortführer italienisch sprach) und zeigte sich als ein Fürst, der den Stamm Ruriks wieder mit Glanz umgab. Er kann für den zweiten Gründer des russischen Reiches gelten. Leider gab es in seinem Volke kein Element der Freiheit, keines der Kultur. In Priestern und Mönchen zeigte sich weder Neigung zu Studien noch Forjchungssinn; kaum daß die Mehrheit von ihnen lesen konnte. Schmutz, Roheit und knechtischer Sinn hielten jede geistige Anlage in Banden. Kein freigesinnter Adel, wie in Polen, zügelte den Despotism; und die einzigen Grundlagen der Bildung, nämlich die städtischen Einrichtungen zu Nowgorod und Pleskow, vernichtete man, sobald beide Republiken bezwungen waren, gänzlich. Die Bürger wurden Leibeigene des Zars oder Kaisers (Casars), der überhaupt als Herr über Leben, Ehre und Vermögen der Unter- thanen betrachtet ward. Nur die Nachkommenschaft ehemaliger Fürsten und der Bo- jarenrath behaupteten gewisse erbadlige Vorrechte. Der Despot regierte mit Hilfe einiger 1000 Strelzen oder Strelitzen, als Beginn künftiger stehender Heere: zum Kriege jedoch mußten alle Knäsen und Bojaren mit ihren Knechten erscheinen. Be- denklich für den Westen wäre übrigens dieser geistlose Staat, obwohl er seit 1552 über die Türkenreiche Kasan und Astrachan und bald auch über Sibirien sich erstreckte, nicht geworden, wenn nicht das mächtige Polen sich selbst durch wilde Faktionen zer- rüttet, und der so tapfre Schwedenkönig Karl Xii. nicht aufs tollste die Kräfte seiner Nation vergeudet, und ein günstiges Geschick nicht einen ausgezeichneten Mann, Peter den Großen, auf den russischen Thron gebracht hätte. Dieser Zar, gleichsam der dritte Gründer des Reiches, gehört einer neuen Regenten« familie an, dem den Ruriks verwandten Hause Romanow, das von 1613 bis 1730 herrschte. Erst 17 Jahre alt, als er 1689 den Thron bestieg, zeigte er bald, welch' ein aufstrebender Geist an die Spitze des Volkes gekommen sei. Roh und grausam wie andre russische Fürsten, war er voll Begier zu lernen, voll Talent zum Nachahmen, voll Thatkraft, feine Pläne auszuführen. In den 36 Jahren seiner Regierung wurden die Russen aufs vielfachste angeregt, und durch Fremde, besonders Deutsche, zum Nach- ahmen in Gewerken und mechanischen Künsten veranlaßt. Die empörerischen Strelzen mußten einer europäischen Garde, die Unordnung des wilden Aufgebots einem ge- regelteren Kriegsheere weichen. Zuerst von Karl Xii. bei Narwa 1700 besiegt, hatte er endlich die Freude, wenn auch durch Uebermacht, einen Sieg über die Schweden (bei Poltawa 1709) zu erringen und sein heißes Verlangen nach Besitz an der Ostsee zu befriedigen. Livland, Esthland, Jngermannland mit Karelen und Wi- borg verblieben ihm, und Petersburg, das er schon 1704 gegründet, erhielt Krön- schlot (kleine Insel bei Kronstadt) zum Hafen, damit es mit dem gebildeten Europa zur See in Verbindung komme. Von den Polen wurde Kiew und Eherson, von dm Türken Taganrog am asowschen Meer erworben, und unerwartet sah man zu
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