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1. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 991

1874 - Mainz : Kunze
Amerika. 991 Iv. Amerika. 747680 Q.-M., 84,524000 Bewohner. Man hört diesen Continent häufig die neue Welt nennen; es fragt sich, warum? — Zunächst, weil er früher unbekannt und in der That bei seiner überraschenden Entdeckung etwas durchaus Neues für den Europäer war. Neu oder jugendlich vielmehr zeigte sich aber auch sein ganzes Aeußere, sowohl was den Boden als was die Bevölkerung betraf. Seine weiten Räume fanden sich nur an wenigen Stellen zum Anbau benutzt, unermeßliche Wiesenländer lagen herdenlos da, gleich unermeßliche Urwälder waren noch nicht gelichtet, die Wildheit der Ströme noch ungebändigt, die Metallschätze im Innern des Bodens noch unberührt, die spärlichen Be- wohner meist noch in der Kindheit des geselligen Lebens, und somit fast alles in einem Zustande, der fast auf eine jüngere Schöpfungszeit hinzu- weisen schien. Amerika konnte also in zwiefacher Hinsicht neu heißen. Betrachtet man aber die Kultur, die auf seinem jugendlich frischen Boden, unter einem rasch anwachsenden Menschengeschlechts sich dort vor unfern Augen gestaltet und die offenbar einer großen Zukunft entgegenstrebt, so ist die Benennung neue Welt dreifach gerechtfertigt. Im Gegensatz zu dieser neuen Welt wird nun unser Europa ge- wöhnlich zur alten gerechnet, und nicht mit Unrecht; denn die europäische Geschichte reicht bekanntlich mehr als ein paar Jahrtausende rückwärts, und die Jugend unserer Völker liegt unstreitig schon längst in der Ver- gangenheit. „Als Amerika entdeckt war," ruft Ritter aus, „da wurde der europäische Continent ein Morgenland." Dieses Wort hat er in einer seiner letzten Schriften noch schärfer ausgesprochen, indem er Amerika mit seinen ausschließenden Kulturströmen als den Schauplatz bezeichnete, wo möglicherweise unser Geschlecht seiner höchsten Reife entgegenschreiten werde, und indem er Mexico wegen seiner beherrschenden Lage zwischen 2 Oeeanen und wegen der Manchsaltigkeit der lebendigen Natur an seinen Höhenstufen als den begünstigsten aller Erdräume pries. — Rechnen wir nun auch unser Europa zur alten Welt, so solgt doch daraus keineswegs, daß man bei dem Worte alt an Ermüdung und Hinfälligkeit denken müsse, an geistigen Stillstand und Unfähigkeit zur Erzeugung und Ausführung großer Ideen. Die Kultur der Menschheit scheint freilich bestimmt, den Erdball von Ost nach West zu umwandern; wenn aber jemand behaupten wollte, sie gehe bereits damit um, ihren Thron in Amerika auszuschlagen, so mag dieses für manches Ohr eine wohlklingende Phrase sein, es sehlt ihr aber die Wahrheit, denn veraltet ist der Kern des europäischen Lebens
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