1874 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor, Rohmeder, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Nordamerika
— Britischer Besitz.
Steinkohlen :c. zeugen zugleich von den Mineralschätzeu des Bodens. Das Klima ist
gesund und in Obercanada milder als im untern, selbst milder als im Staate
New-Aork. Die weite Entfernung von der Ostküste und die geringe Erhebung der
Länder an den Fünfseen mag Ursache davon sein. Die Sommer sind heiß; die Winter
kalt, doch meist hell und klar mit schönster Schlittenbahn. Ist das Eis geborsten und
von den Flüssen weggeschafft, so treibt die Sonne gegen Ende April sehr rasch das
schönste Grün hervor; mit Beginn des Mai wird in Untercanada, im obern noch
früher gesäet, zu Ende Juli geerntet, und noch der August ist heiß. Garteugewächse
und Obst gedeihen trefflich. — Als England Besitz nahm, gab es fast nur in Unter-
canada und nur nahe dem Lorenzo Ausiedlungen, versteht sich französische, wo die ha-
bitans als Lehnsleute den seigneurs zinspflichtig waren. Ganz anders stand es von
Anfang an mit den Ansiedlnngen unter der englischen Herrschaft, die sich seit 70 Iah-
ren auch über Obercanada erstrecken: alle Pflanzer waren von vornherein im gleichen
Genuß der brittischen Kolonialrechte, der Glaubens- und Preßfreiheit und der englischen
Justiz. Noch jetzt herrscht in Untercanada französische Sprache und römischer Katho-
lizismns, in Obercanada dagegen englische Sprache und Protestantismus vor. Die
noch vorhandenen Indianer in Canada (und den benachbarten Gebieten) sind Reste
der Irokesen, Mohawks, Huronen *) und anderer Stämme. — Für den Unterricht wird
gut gesorgt, so daß jedes Dorf seine Schule hat. während man zur französischen Zeit
wohl an Erbauung von Klöstern, aber nicht an Schulen dachte. Einwanderungen
werden von der Regierung begünstigt, mehr als in den Freistaaten. Es gibt viele
Deutsche dort', die sich wohl befinden, und leider wird Canada als Zielpunkt deutscher
Auswanderung zu wenig berücksichtigt. Die ersten Jahre sind freilich wie überall bei
Ansiedelungen mühevoll, lohuen sich aber bald. Dabei wird der Absatz der Produkte
durch die höchst vortheilhaften Wasserverbindungen und durch Eisenbahnen
erleichtert, deren Centralpnnkt Montreal ist. Deshalb gedeihen auch die Nieder-
lassungen in Canada, man sieht hübsche Ortschaften, blühende Getreide- und Tabak^
felder, Obst- und Gemüsegärten und überall den Zuckerahornbaum, der dem Lande
eigenthümlich ist, und jährlich viele tausend Centner Ahornzucker liefert. — Bedeutendste
Städte: Quebec mit 69000 E., uoch überwiegend französisch, in malerischer Gegend
am Lorenzo und stark befestigt. Die Flut des Meeres bewirkt im Hafen Quebecs schon
ein Steigen von 5 m. Montreal weiter aufwärts am Strom, wo derselbe aber noch
für die größten Seeschiffe fahrbar ist, und in angenehmer Lage; die Bevölkernng,
118000, ist gemischt. Durch den Sorel, den Abfluß des Champlainsees, mit
diesem und weiterhin durch einen Kanal mit dem Hudson und dem Süden in Ver-
bindung, ist Montreal Centralpnnkt des canadischen Handels (Ausfuhr: Produkte des
Ackerbaues und der Viehzucht, Holz und Holzprodukte) und zugleich Mittelpunkt des
Eisenbahnnetzes. Lebhafte Gewerbthätigkeit. Da der Lorenzo regelmäßig 3 Monate
des Jahres mit Eis belegt ist, so hat man zur Verbindung der canadischen Eisenbahnen
mit denen der Union bei Montreal die Röhrenbrücke Victoria unter Leitung Rob.
Stephensons bauen laffen; sie ruht auf 24 Pfeilern und ist 2500 m. lang, also noch
*) Der eigentliche Name der Huronen war Wyandot; wegen ihrer Haartracht
wurden sie von den Franzosen mit bures (Wildschweinen) verglichen. Daher der Name
des nunmehr fast ausgestorbenen Stammes und des Sees, an dem sie wohnten.