1874 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor, Rohmeder, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
1030 Nordamerika — Vereinigte Staaten.
licht, die hafenarme Flachküste am Verkehr zur See hindert, und die Bewohner sich vor-
züglich dem Plantagebau zuwenden. Allerdings ist auch der Süden und Westen in
den Kreis des geschäftlichen (weniger noch des geistigen) Lebens hineingezogen werden;
das alte Louisiana war in den Händen der Franzosen sozusagen leblos, seit aber die
Union es gekauft und germanischer Kultur und Betriebsamkeit erschlossen (1803), ist
daraus eine Menge blühender Staaten erwachsen; und seit Calisornien dem Unter-
nehmnngsgeist germanischer Männer geöffnet ist, sieht sich die ganze Westküste Amerikas
vom Oregonlande bis zum südlichen Chile zu neuem thätigen Leben erweckt und wachsen
im Westen der Cordillere große Städte voll geschäftigen Lebens gleichsam über Nacht
empor. Aber noch immer behauptet der Nordosten sein Uebergewicht und wird es
wohl noch lange behaupten. Aus dieser Verschiedenheit der Stellung ergibt sich aber
eine Verschiedenheit der volkswirthschaftlichen Interessen, die nicht ohne Gefahren ist,
nmsoweniger, da man nicht einmal versucht, diese verschiedenen Interessen harmonisch
zu vereinigen. Die älteren östlichen Staaten mit ihren atlantischen Häfen besitzen das
Monopol der Manufakturen und Fabriken; sie haben in ihrem ausschließlichen Interesse
durch die klingende Macht ihres Kapitals die Gesetzgebung des Congresses beeinflußt,
fremde Gewerbserzeugnisse mit unmäßig hohen Zöllen belegt und sich durch die hohen
Preise ihrer Fabrikate in selbstsüchtigster Weise bereichert; sie beherrschen den Geldmarkt
des Landes, den gesammten Eisenbahnverkehr und kontroliren in den östl. Hafenstädten
den Transport und die Eiuschiffung der Produkte; sie tyrannisiren den Ackerbau des
Südens und Westens, den wichtigsten Erwerbszweig des Landes. Während der Westen
und Süden von dem östlichen Kapital durch hohe Preise der Manufakturartikel, durch
den Geldmarkt der Banken, durch die großen östlichen Eisenbahncompagnien bedrückt
und ausgebeutet wird, erhält dagegen der Westen und Süden kein ausgleichendes Aeqni-
valent von dem Osten; denn der Marktpreis der sämmtlichen Ackerbanprodnkte wird
im Auslände, namentlich in England bestimmt, welches der wirkliche Markt für die
westl. und südl. Erzeugnisse ist. Daher leidet der Westen und Süden unter dieser
Selbstsucht des Nord-Ostens, und von der Gesetzgebung geschah bisher nichts, diesen
Uebeln entgegenzuwirken.
Die Bewohner. Statistisches.
Die Art, wie Staaten entstehen und sich entwickeln, hängt nicht allein von der
Landesbeschaffenheit ab; sehr viel kommt noch auf die Rasse und Entstehung des
Volkes an. Die rothe Rasse Amerikas, als Fischer an Küsten und Flußufern, oder
als Jäger in den Urwäldern und Savannen herumstreifend, verstand Boden und Klima,
Ströme und Meere uicht zu benutzen; sie hätte wahrscheinlich nie Kulturstaaten ge-
gründet. Solche konnten nur das Werk von Europäern sein, entweder durch Be-
lehrung der Eingebornen, oder wenn dies zu schwierig war — und in der That sträubt
sich die rothe Rasse dagegen — durch Besitznahme des Landes. Das letztere war nnn
der Fall, indem die geringe Zahl der Urbewohner weiter und weiter nach Westen
verdrängt wurde. Eine Vermischung fand nicht statt. — Unter den Europäern waren
es aber hauptsächlich Engländer, welche dort einwanderten, die Krone Britanniens
war es, welche die Kolonien schuf; und das ist beachtenswerth. Andre Nationen, Por-