1874 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor, Rohmeder, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Amerika —
Westindien.
b) Brittisch Guayana (4000 Q.-Mln., 194000 Bew.) vom Flusse Corentyn
bis an die Orinocomündung und über 80 Mln. weit ins Innere hinein. Es besteht
aus drei Grafschaften, die nach den Flüssen Demarara, Esseqnibo und Berbice
heißen. Wie in Surinam begünstigt der angeschwemmte Boden des Tieflandes die
üppigste Vegetation, vor allen den Bau des Zuckerrohrs und Kaffees. Entfernter vom
Meere, auf dem ansteigenden Boden, herrscht gesunde Luft; nur fehlt es noch an An-
siedlern, und seit Aufhebung der Sklaverei an Arbeitern, da der Indianer ein unstätes
Leben liebt, und auch der freigewordene Neger gleich den Lazzaronis in Neapel nur so
viel thnt, als er zum Unterhalt durchaus nöthig hat. Deshalb hat sich auch hier seit
dem Aufhören der Sklaverei die Kaffeeproduktion vermindert und ist der Baumwollen-
bau fast eingegangen; Zucker bildet daß Hauptprodukt. In der Bevölkerung viele
indische und chinesische Kulis. Georgetown (bei den Holländern Stabroek) mit
35000 E. ist der Hauptort. Neu-Amsterdam.
e) Französisch Guayana (2200 Q.-M., 28000 Bew.), an Boden und Klima
dem holländischen und brittischen ziemlich gleich, nur noch feuchter, namentlich im Mai
und Juni, wo der Regen am strömendsten, die heiße von Wasserdampf erfüllte Luft
am ungesündesten ist und der Boden sich in Sümpfe verwandelt. Bevölkerung meist
Freigelassene und Indianer, ca. 4000 Weiße (incl. Militär, Beamten- und Sanitäts-
personal :c.). Cayenne, Juselstädtchen vor der mit Sumpf und Wald umgebenen
Mündung des Cayenneflusses, ist Sitz der Regierung und berüchtigt als Ort für
Deportirte aus Frankreich, die außerdem noch auf 2 Jnselchen und auf 2 Punkte des
Festlandes vertheilt siud und nach Jahresfrist zur Hälfte dem mörderischen Klima er-
liegen. In neuester Zeit haben die Kolonisten ihre bisherigen Produkte noch durch
Gewürznelken, Muskatnuß, Zimmt und Pfeffer vermehrt, doch ist auch hier seit der
Sklavenemanzipation die Produktion zurückgegaugen.
Westindien oder große und kleine Antillen.
Einige hundert Inseln und Jnselchen liegen zwischen der Halbinsel Florida und
dem Orinoco und scheiden den atlantischen Ocean vom amerikanischen Mittelmeer. Man
kann sie nach Belieben zu Nord- oder Südamerika rechnen. Die längste von ihnen,
Euba, streckt sich der Halbinsel Aucatau entgegen, wodurch so ziemlich das Mittelmeer
in den Golf Mexicos und in das caraibische Meer getheiltwird. Mit geringer
Ausnahme sind die Inseln vulkanisch und gebirgig, sie haben folglich ein doppeltes
Klima, das der heißfeuchten Tiefen und das der Berge. In der Regenzeit gießt es
fürchterlich, sowie überhaupt Stürme und Gewitter dort äußerst heftig sind. Auch
an gewaltigen Erdbeben fehlt es nicht; aber die Vegetation ist groß. Wir müßten
ein Verzeichnis von mindestens 60 bis 70 Namen aufstellen, um nur die nutzbarsten
Gewächse, die Arznei-, Nähr- und Würzpflanzen, die Hölzer für Kunstschreinerei und
Färberei u. s. w. zu erwähnen. Hier hat sich zuerst nach Einwanderung der Europäer
in Amerika Plautageubau entwickelt, und überall trifft man reiche Pflanzungen von
Zucker und Kaffee, Kakao, Indigo, Baumwolle, Tabak jc., sogar ceylonischer Zimmt
und australische Brotfrucht ist angepflanzt, Mais aber und anderes Getreide, das weniger
einträgt, wird vernachlässigt. Obwohl meist sehr herabgekommen und obgleich in neuester