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1. Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit - S. 186

1901 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
186 Das Zeitalter d. Zerstörung d. alten Reichs«, d. Entstehung d. neuen deutschen Kaisertums. Das Übergewicht der Industrie. Das Übergewicht der Kapitalwirt-schaft. Entwickelung des Arbeiterstandes. Zollerhöhungen, auswärtige Verwickelungen den schwersten Schaden erleiden und dadurch ganze Scharen von Arbeitern brotlos werden können; überhaupt daß unsere Volkswirtschaft abhängig wird von den Konjunkturen des Weltmarkts und ihre Selbständigkeit verliert. Die mächtige Entwickelung der Industrie sodann kann zur Folge haben und hat zur Folge gehabt, daß der Landwirtschaft Arbeitskräfte entzogen werden und ein durch die gesetzliche Freizügigkeit ermöglichter Zug nach den Städten entsteht, der das flache Land entvölkert, in den Städten dagegen ein zahlreiches, von der heimischen Scholle und heimischen Sitte losgelöstes, besitz- und zusammenhangloses Arbeiterproletariat schafft. Der moderne Kapitalismus endlich, ohne den die ungemeine Entwickelung unsers Handels und Gewerbes und auch unsrer Landwirtschaft undenkbar ist, hat zu einem Übergewicht der Kapitalkräftigen über die wirtschaftlich Schwachen, der Großbetriebe über die Kleinbetriebe geführt, das für viele bisher selbständige wirtschaftliche Existenzen verhängnisvoll oder doch bedrohlich geworden ist; insbesondere können manche Zweige des Handwerks, das nicht oder doch nur in geringem Maße mit Maschinen arbeitet, sich des Wettbewerbs mit der Großindustrie kaum erwehren. Damit hängt zusammen, daß die kapitalistische Wirtschaft die Ansammlung großer Vermögen in wenigen Händen begünstigt und dadurch den Gegensatz von Reich und Arm verschärft. Da das Kapital ferner immer neue Gelegenheiten zur Anlage sucht und daher immer von neuem große Mengen von Waren auf den Markt geworfen werden, so tritt häufig Überproduktion ein, welche Rückgang der Preise, Handelsstockungen, Krisen und in deren Gefolge Vermögensvernichtung und Arbeitslosigkeit heraufführt. Endlich aber beruht die kapitalistische Produktionsweise auf dem Zusammenwirken einer Minderheit, die im Besitze des Kapitals ist, und der großen Mehrheit besitzloser Arbeiter, welche gegen Lohn ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. So hat sie zur Entstehung eines Arbeiter st andes geführt, der ohne eigenen Besitz, oft — infolge der fortschreitenden Arbeitsteilung — nur einseitig ausgebildet, unsicher in seiner Existenz, meist unfähig sich auf eine höhere wirtschaftliche Stufe zu erheben, nur selten in der Lage etwas für sein Alter zu sparen, in eine ähnliche Abhängigkeit von den industriellen Unternehmern geriet, wie die Bauern des Mittelalters von den großen Grundbesitzern; der andrerseits die Volksschule besucht und durch Bücher und Zeitungen einen Anteil an der allgemeinen Bildung gewonnen hat, der sodann die Schule der allgemeinen Wehrpflicht durchgemacht hat, der endlich das politische Wahlrecht besitzt und insofern weit über den Handarbeitern früherer Jahrhunderte steht. Er war zunächst der leidende Teil, wenn manche
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