1913 -
Leipzig
: Hirt
- Autor: Rohrmann, Adolf, Gedan, Paul, Seydlitz, Ernst von
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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C. Deutschland in seinen Weltbeziehungen.
§ 154
behauptet. Unvermeidlich Waren anfangs mancherlei äußere und innere
Schwierigkeiten, Fehlschläge und Enttäuschungen, doch ist in den letzten
Jahren zweifellos eine Wendung zum Besseren in der deutschen Kolonial-
Politik eingetreten. Man hat endlich die Überzeugung gewonnen, daß
es zur wirtschaftlichen Erschließung unserer Schutzgebiete zunächst der
Aufwendung viel größerer privater und staatlicher Kapitalien bedarf,
als man bisher annahm, und es ist auch gelungen, mehr Gelder für
koloniale Zwecke flüssig zu machen. Damit der Zuschuß des Reiches
immer geringer wird und möglichst bald wegfällt, müssen die Kolonien
wirtschaftlich selbständig gemacht werden durch eine Steigerung
ihrer Produktion und ihres Handels, der gegenwärtig erst 1%
unseres Gesamthandels ausmacht. Dazu bedarf es vor allem einer
Hebung der Verkehrsverhältnisse. Nötig sind gute Schiffs-
Verbindungen mit der Heimat, und zwar durch deutsche Reedereien,
feruer der Ausbau der Häfen und Docks, zumal in den deutsch-afrikanischen
Hasenplätzen mit ihren meist ungünstigen Landungsverhältnissen. Der
Eisenbahnbau muß rascher gefördert werden, um Massengüter und
einheimische Arbeitskräfte schneller und billiger an Ort und Stelle zu
bringen. Eine Trägerkarawane vom Viktoria-See zur Küste benötigt z. B.
2 Monate, ein Eisenbahnzug der britischen Ugandabahn nur 2 Tage.
Eine andere wichtige Aufgabe unserer Kolonialverwaltung ist die Regelung
der Landfrage. Um Privatkapital zu Unternehmungen anzuregen, hat die Regie-
rung im Anfang einzelnen großen Gesellschaften, auch englischen, Land-, Minen-
und' sonstige Ausbeutungsrechte verliehen, wodurch später die Einnahmen des Reiches
geschädigt und infolge der gesteigerten Bodenpreise eine schnelle Besiedlung des
Landes verhindert wurde. Von weittragender Bedeutung ist auch die richtige Be-
Handlung der Eingeborenen. Es handelt sich besonders um die Erziehung
der Reger zur Plantagenarbeit auf ihrem eigenen Besitztum und um die Form ihrer
Besteuerung. Natürlich bedarf es einiger Zeit, bis der Neger, früher ein freier Krieger,
Jäger oder Nomade, sich zu friedlicher Arbeit herabläßt, die er früher als eine Sache
der Frauen und Sklaven verachtete. Man muß ihm gute Wohnung, Kleidung und
Körperpflege erstrebenswert machen und die große Säuglingssterblichkeit durch An-
leitung zur Sauberkeit mindern. Der Besuch von Schulen und die Arbeit der
Missions- und ärztlichen Stationen sind in der Erziehung der Eingeborenen
von großer Wichtigkeit. Ein zu geringer Rassenstolz, aber auch der Mangel weißer
Frauen hat namentlich in Südwestafrika vielfach zu Mischehen geführt, die eine
erhebliche Schädigung des deutschen Volkstums bedeuteten. Durch Hinaussendung
arbeitslustiger, gesunder, junger Mädchen, durch Gründung von Mädchenheimen usw.
hat der Deutsche Frauenbund schon viel zur Besserung der Verhältnisse beigetragen.
Endlich muß die Ansiedlung der Weißen mehr als bis jetzt gefördert werden
durch Bekämpfung der Tropenkrankheiten und durch Unterstützung Ansiedlungs-
lustiger seitens der Regierung. Denn die Hauptabnehmer unserer Industriewaren
sind nicht die Eingeborenen, sondern nur die Weißen. Zwar sind auch hierin erfreu-
liche Fortschritte zu verzeichnen: vor zehn Jahren wohnten in unseren Kolonien
nur 6000, heute 22 000 Europäer. Aber die Zahl der in Deutsch-Südwestafrika
möglichen Kolonistenstellen schätzt man auf 100 000. Außerdem hat sich in den letzten
fahren herausgestellt, daß auch die über 1400m hoch gelegenen Gebiete Deutsch-
^ stafrikas und Kameruns zur Besiedlung durch Weiße wohl geeignet sind. Ost-
afrikas malariafreie Hochländer allein machen ein Gebiet von der Größe des König-