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1. Handbuch der Geographie - S. 197

1914 - Breslau : Hirt
Deutsches Reich: Weltstellung. 197 Deutsches Reiche, gebildet aus 25 Staaten und dem Reichsland Elsaß-Lothringen. [540 833 qkm, 64 925 993 E., 120 auf 1 qkm.] Weltstellung. Das im Jahre 1871 neuerstandene Deutsche Reich nimmt die Mitte Europas ein; ihm ist, wie keinem anderen Staate, in diesem Erdteil eine zentrale, vermittelnde und aus- gleichende Stellung zuerkannt, eine für die Zusammensetzung seiner Bevölkerung höchst wichtige Erscheinung. Denn wenigstens seine n. Hälfte nimmt die Mitte des ganzen germanischen Völker- kreises in Europa ein und hat an ihren Grenzen slawisch-deutsche, französisch- und belgisch-deutsche, sowie skandinavisch-deutsche Völkerteile; sodann ist deutsche Bevölkerung nach allen Seiten über den dadurch germanisch gewordenen Teil Europas ausgegangen. Infolge dieser geographischen Lage in der Mitte der gesamten christlich-germanischen Welt war das alte Deutschland in seiner Glanzzeit die leitende Macht und später, als es von seiner Machtfülle verloren und gekrüftigte Staaten zu unmittelbaren oder mittelbaren Nachbarn erhalten hatte, oft der Schauplatz der Entscheidung der allgemeinen Fragen Europas, „gewissermaßen eine unermeßliche Walstatt zwischen den Völkern des O. und W., des N. und S." Erleichtert wurde das Eingreifen fremder Mächte durch den Verlauf unserer im N.o. und W. nur an ganz kurzen Strecken durch natür- lichen Schutz gestärkten Grenzen. Durch die Ereignisse von 1866 sind diese im S.o. sehr ein- gebuchtet, aber hier durch Gebirge geschützt, durch den Krieg von 1870/71 sind sie weit nach W. vorgeschoben worden. Im N.o. verläuft die breite Ostseite des Reiches unbestimmt und un- merklich in das große slawische Flachland, und nur von Menschenhand sind hier Markzeichen seines Endes und des Anfanges eines anderen Staatsgebietes gesetzt. Im W. folgt die Grenze in n. Richtung zwar zuerst den Vogesen, läuft aber dann ohne starken, sichernden Abschluß quer über die hochlandartigen Landschaften jenseit des Rheins, der als „Deutschlands Strom, nicht Deutsch- lands Grenze" das unentbehrliche Bindeglied zwischen Ober- und Niederdeutschland darstellt. Bei dieser innigen geographischen Berühmng mit dem Ausland im O. und W., auf eine kurze Strecke auch im N., ist eine Sicherung des Reiches und deutscher Art und Sitte gegen die im O. wie im W. erwachsenen Großstaaten fremden Stammes allein durch stetes Bereithalten der gesamten, einheitlich geleiteten deutschen Wehrkraft möglich, welche die beste Grenze der geeinten Nation, die sicherste Bürgschaft ihrer staatlichen Unabhängigkeit bleiben wird. Die Aufgabe auch des neuen Reiches ist dämm wesentlich die der Verteidigung, nicht die des Angriffes. „Das deutsche Volk hat weder das Bedürfnis noch die Neigung, über seine Grenzen hinaus etwas a.nderes als den auf gegenseitiger Achtung der Selbständigkeit und gemeinsamer Förderung der Wohl- fahrt begründeten Verkehr der Völker zu erstreben." Solange der Handel Europas überwiegend zwischen N. und S. sich bewegte und der Blick seiner Völker nicht über den Rand des Atlantischen Ozeans und nordwärts kaum über Skandinavien hinausreichte, also das Mittelalter hindurch, stand Deutschland auch im Mittelpunkte des Verkehrs und des Handels und war am Ausgange des Mittelalters das wohlhabendste Land Europas. Mit dem Zeitalter der Ent- deckungen wurde das anders. Die Staaten, die dem Ozean näher lagen und zuerst in jenen Fahrten Macht und Ehre gewannen, heimsten auch die Früchte des Handels mit den überseeischen Ländern und die ge- winnbringenden Ernten der Kolonien ein, während Deutschland nach dem Ausbruche des 30 jährigen Krieges an Macht und Handelsbedeutung gleichmäßig sank. Das Zeitalter der Eisenbahnen jedoch hat ihm seine vermittelnde Stellung und seine Bedeutung als nicht zu umgehendes Kernland von Europa zurückgegeben, auch sein Seehandel hat sich aufs neue auf seine großen Aufgaben besonnen und sich eine Stellung im transozeanischen Verkehr erobert, die keinem der atlantischen Staaten — allein Groß-- ausgenommen — nachsteht. Das ist geschehen, obwohl das Reich mit seiner Küstenlänge von 665 km um die Hälfte hinter Frankreich zurücksteht und davon obendrein noch 1365 km auf ein vergleichs- weise entlegenes und verkehrsärmeres Sackmeer entfallen. 1 S. Kuhen-Steinecke, Das deutsche Land. 5. Ausl. 1908.
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