1914 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Reinhard, Rudolf, Seydlitz, Ernst von, Friedrich, E., Clauß, O.
- Hrsg.: Oehlmann, Ernst
- Auflagennummer (WdK): 26
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Inseln bei Vorderindien. — Hinterindien.
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2. Inselgruppen.
Im W. der Küste Malabar die durch Korallenriffe vielfach versperrten Inselgruppen der Lakka-
diven (b. h. Hunderttausendinseln) und der vom Grün der Kokospalmen umkleideten Maldiven. Beide
Inselgruppen sind Fundorte der Kaurimuscheln, die in Indien, Afrika und Polynesien als Scheidemünze
dienen (f. S. 881). Der Sultan der Maldiven führt den Titel „Herr der 1000 Atolle".
Die Korallenbänke befinden sich hier auf seichtem Meeresgrund in jedem Zustande des Wachstums,
von 25—30 Faden unter dem Meeresspiegel bis zu geringer Höhe über ihm. Die Bank, auf der die Atolle
der beiden Inselgruppen ruhen, wird durch einen 2750 in tiefen Meeresgrund vom Festlande geschieden.
Die kleineren Bänke haben sämtlich ringförmige Gestalt, in den größeren Atollen bilden sich im Innern
oder am Rande kleinere sekundäre heraus, und häufig werden die einzelnen wieder durch tiefe Meeres-
einschnitte voneinander getrennt. Die Darwinsche Senkungstheorie (s. S. 715f.) läßt sich hier zur Er-
klärung gar nicht umgehen, und diese Inselgruppen müssen ehemals eine Halbinsel Vorderindiens ge-
wesen sein, so daß es ähnlich wie Hinterindien aussah.
Iii. Hinterindien (über 2 Mill. qkm).
Lage, Bodengestalt und Bewässerung. Diese durch die Golfe von Siam und von Marta-
bän gegliederte Halbinsel, die an Größe Skandinavien um das Dreifache übertrifft, nähert sich
durch den vorgestreckten Finger von Malaka weit mehr dem Äquator (bis auf 150 km) als die
vorderindische, wogegen sie nur sehr wenig über den Nördlichen Wendekreis hinausreicht. —
Ganz entgegen der Höhengliedemng Vorderindiens durchziehen vom inneren Hochlande, n.ö.
vom Himalaja aus, fünf meridionale Gebirgsketten als s. Zweige der Faltenketten Tibets
(s. S. 449f.) die Halbinsel. Zwischen diesen und in gleicher Richtung mit ihnen nehmen in ver-
hältnismäßig schmalen, weit in die Gebirgsfinger hinein eingebetteten Tiefländern fünf starke
Ströme ihren Weg, die jeder ein Delta bilden und ihre Umgebung durch regelmäßige Über-
schwemmungen unglaublich befruchten. Sie sind bis auf den Irawadi, den Unterlauf des
Mekong und den unteren Songkoi nur wenig schiffbar. Die Quelle des Menam liegt in der
Nähe des 20? N., die beiden Quellflüsse des Jräwadi entstehen bei 28°, der Songkoi n. vom
25?, der Salwen und der etwa 4500 km lange Mekong kommen aus Tibet. Der längste der
fünf Gebirgsfinger ist der mittelste, er läuft, unterbrochen durch die Niedemng der Landenge
von Kra, bei 15° N, die der von Panama mit 79 m Höhe fast gleichkommt, bis ins Kap Buru.
Die ö. Kette am Südchinesischen Meere steigt bis fast 3000 m an.
Das Klima muß je nach der Lage der meridionalen Ketten stark wechseln, hängt aber im ganzen
durchaus von den Monsünen ab. In Bangkok am Menam ist der Dezember mit + 24° der kälteste
und zugleich der trockenste Monat; bis in den April erhitzt sich die ausgedorrte Ebene auf 29°, die
Mairegen bringen die Aussaat des Reises, der Menam und die anderen Flüsse treten weithin über
ihre Ufer. Es liegt also Ähnlichkeit mit Ägypten vor, aber in den Ebenen Hinterindiens erzeugen die
beim Zurückgehen der Flüsse verdunsteten Wassermassen bösartige Fieber.
Die Erzeugnisse sind die hindostanischen; Reichtum an edlen Metallen und vorzüglich für den Schiff-
bau geeignetem Tiek (englisch Teak)-holzeu Alle anderen Ausfuhrgegenstände stehen weit hinter
dem Reis zurück, mit dem in den meisten Landschaften 80—90% des angebauten Landes bestanden
sind, und der größte Teil des nach Europa und ins dichtbevölkerte China eingeführten Reises rührt
aus Hinterindien her (s. Bilder S. 900). Großartig ist der Urwald, und das Chinagras schlägt dem
Elefantenreiter über dem Kopfe zusammen.
Die Bevölkerung der Halbinsel ist stark gemischt und zerfällt in vier Hauptgruppen: 1. die
Jndochinesen im W., damnter die Barmanen und Siamesen, 2. Malaiochinesen im O.,
damnter Tongkinesen, Annamiten, Kochinchinesen, 3. Malaien, zumeist im S., 4. Halbkultur-
und Naturvölker im Innern, zumeist mongolischen Gepräges. Zu ihnen gehören die Laoten,
1 Waldungen mit den riesigen Stämmen dieser Tektonien finden sich in großer Ausdehnung in Burma und Nord-
>viam, und in langen Flößen schwimmt dies nützliche Holz den Mekong und den Salwen unzerteilt hinab,
v. Seydlitz, Handbuch. 26. Bearbtg. Zf