1909 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Seydlitz, Ernst von, Gockisch, Paul
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Mädchen
A. Allgemeine Übersicht.
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Steppe tritt nur im südlichen Rußland und in Ungarn in größerer Ausdehnung
auf, die Wüste dagegen fehlt gänzlich.
Das gemäßigte Klima ist aber auch für die geisüge und körperliche Ent-
wicklung des Menschen am günsttgsten. Nur durch unausgesetzte, angestrengte
Arbeit vermag der Europäer dem Boden lohnenden Ertrag abzugewinnen s
das zwingt ihn zu unablässigem Ringen und dadurch zur Entfaltung seiner
geistigen Kräfte und bewahrt ihn vor Erschlaffung.
t) Die wirtschaftliche und geistige Überlegenheit Europas hat ihren Grund
aber nicht allein in der Natur des Erdteils, sondern ist auch dem Vorzüge
zu verdanken, daß Europa von der kraftvollen, begabten, einer hohen Kultur-
entwicklung fähigen Mittelländischen Rasse bewohnt wird. Sie hat die
Grundlagen edlerer Gesittung, Ackerbau und Viehzucht, höher als alle andern
Rassen entwickelt, die Keime einer höheren Geisteskultur gepflegt und auf
dem begünsügteren europäischen Boden weit verbreitet. So haben die Be-
wohner Europas seit zwei Jahrtausenden die erste Stelle unter den Völkern
der Erde inne. In Wissenschaften und Künsten, in Ackerbau, Industrie, Handel
und Verkehr, im Heer- und Flottenwesen sind sie in der Neuzeit die Lehr-
meister anderer Völker geworden und haben auch in den fremden Erdteilen
Besitz erworben1 und Kolonien gegründet.
3. Landschaftliche Gliederung. Nach dem innern Bau des Erdteils
und seiner Oberfläche unterscheidet man drei große Landschaften sfig. 1).
a) Der Südeuropäische Faltengebirgsgürtel2. Sein nördlicher Zug
umfaßt das Gebirge der Halbinsel Krim und den Balkan, Fortsetzungen des
* Die Staaten Europas herrschen trotz des verhältnismäßig geringen Umfanges über
mehr als die Hälfte alles Festlandes der Erde, ihnen ist rund ein Drittel der Bewohner
anderer Erdteile untertan.
2 Die Erde war einst ein senrig-flüssiger Körper, wie z. B. noch jetzt die Sonne; durch
Ausstrahlung der Wärme in den kalten Weltenraum erstarrte die Oberfläche des Erdballes
im Laufe der Zeit zu einer festen Gesteinsrinde, die wie ein gewaltiger Mantel das Erdinnere
umspannte. Die nach innen fortschreitende Abkühlung der Erdkruste war mit einer Zu-
sammenziehung verbunden. Dabei sank der schwerere Teil der Schollen in die Tiefe und bildete
Becken für die Weltmeere; aus den leichteren Teilen entstanden die Festländer, innerhalb
deren noch zum Teil fernerhin ausgedehnte Schollen einsanken. Durch die Spalten der
Schollen ergossen sich an vielen Stellen die glühenden Gesteinsmassen des Innern. Sie
breiteten sich in Aufgußschichten auf der Erdoberfläche aus, wie dies ähnlich noch heute bei
Feuerbergen geschieht, oder bauten dom- und kegelförmige Vulkane auf. Als die Erdrinde
dicker geworden war und das Erdinnere sich durch die fortschreitende Abkühlung zusammenzog,
wurde die feste Gesteinshülle für den Erdkern zu groß, schmiegte sich dem einschrumpfenden
Kern an und warf Falten wie ein einschrumpfender Apfel oder wie ein Kleidungsstück, das
für den Körper zu weit ist. Durch solchen Faltenwurf entstanden und entstehen noch viele
Gebirge der Erde, die Faltengebirge. Ihre Zahl vermehrte sich durch die an manchen
Stellen in die Tiefe sinkenden schwereren Schollen. Diese fanden dort nicht genügend Platz.
Die Gesteinsmassen wurden stark gegeneinander gedrückt, und der dadurch entstehende seitliche
Druck schob große Stücke der Gesteinshülle zu Faltengebirgen zusammen. Zu ihnen ge-
hören die ausgedehntesten und höchsten Gebirge der Erde. Blieb ein Stück der Erdrinde
stehen, während das Land ringsum eiusank, oder sank eine Scholle in die Tiefe, während die
Landmassen zu beiden Seiten stehen blieben oder infolge des Einsinkens der Nachbarschollen
noch gehoben wurden, so entstanden Horst- oder Schollengebirge. Zu ihnen gehören die
meisten der Deutschen Mittelgebirge (z. B. Schwarzwald, Wasgenwald, Spessart, Odenwald,
Harz und Thüringer Wald), ferner die Französischen und die Britischen Mittelgebirge.