1909 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Seydlitz, Ernst von, Gockisch, Paul
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Mädchen
C. Das Nordwesteuropäische Schollenland. — 2. c) Niederlande (Holland). 7o
3. Bodenausbau und Flüsse. Der Name des Landes zeigt an, daß es ein
Tiefland ist. Mehr als ein Viertel der Bodenfläche liegt (bis zu 5 m) tiefer
als der Flutspiegel des Meeres, besonders das Gebiet von der äußersten
Scheldemündung bis zur Südersee. Diese teilt das Land in einen Südwest -
und einen Nordostflügel.
Der Südwestflügel wird gebildet von dem aus Marschboden be-
stehender! Mündungsland der Schelde, der Maas und des Rheins und der
Halbinsel Holland. Der Rhein betritt noch ungeteilt holländischen Boden.
Er verzweigt sich sehr bald in die beiden Hauptarme Waal und.lek, die in die
Nordsee münden, während der Nebenarm Jjssel ftäßelj zur Südersee geht.
Mit der Waal vereinigten sich früher Verzweigungen der Maas, deren Wasser-
menge aber heute infolge der Anlage eines Scheidedammes selbständig der
Nordsee zufließt. Oster- und Westerschelde schließen das vielverzweigte
Delta im 8 ab.
Der Nordostflügel zieht sich bis zum Dollart hin, erreicht eine Durch-
schnittshöhe von 50m und besteht aus Geestland. Sein Hauptfluß ist die
Vechte, die in die Südersee mündet.
In dem schmalen Südzipfel zwischen dem Deutschen Reiche und Belgien
steigt der holländische Anteil der Rheinischen Schieferplatte bei Maastricht
bis über 300 m auf.
4. Die beiden natürlichen Landschaften.
a) Das Marschland.
Die fruchtbaren Marschen bilden den Reichtum des Larrdes. Sie sind
durch den beharrlichen Fleiß der Bewohner dem Meer und den Flüssen ab-
gewonnen ^ und müssen gegen diese durch Deiche geschützt werden.
Zahlreiche Entwässerungsgräben durchziehen das Land kreuz und quer. Ju
ihuen sammelt sich das Grundwasser, das noch durch die reichen Niederschläge vermehrt
wird. Schöpfwerke, die durch Windmühlen und Dampfmaschinen getrieben werden,
heben es in die von Fahrzeugen belebten Kanäle, die es ins Meer hinausschaffen.
Die von fmchtbaren Alluviem bedeckten baumlosen Marschen sind, begünstigt durch
das milde, feuchte Klima, die Gebiete einer musterhaft betriebenen Landwirtschaft.
Die fetten Weidegründe emnhren große Rinderherden, so daß die Niederländer
Mastvieh, Butter und Käse reichlich an die Nachbarländer abgeben. Handelsgewächse,
wie Zichorie, Senf, Tabak, Zuckerrübe, Hanf und Flachs, werden neben Getreide
angepflanzt, und der Gartenbau bringt Gemüse und Blumen massenhaft auf den
Weltmarkt.
So knüpft sich an den Boden ein nicht unbeträchtlicher Handel, der durch
den von den Küstenbewohnern betriebenen Herings- und Kabeljaufang weiter
gefördert wird. Den größten Einfluß aber üben auf den Handel die breiten
und tiefen Wasserstraßen aus, die das Land durchziehen. An ihnen entstanden 1 2
1 Im ganzen sind jetzt 3700 qkm, eine Fläche, die so groß ist wie das Herzogtum Braun-
schweig, dem nassen Element wieder abgewonnen. Im früheren Haarlemer Meer, 180 qkm,
wohnen jetzt 20 000 Menschen.
2 Alluvien sind Verwitterungsprodukte des festen Landes, die durch das Wasser von ihrem
Ursprungsorte fortgeschafft und an andern Orten wieder angesetzt oder abgelagert werden.