1880 -
Dresden
: Salomon
- Autor: Winkler, Florens
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Bildungsanstalt, Schullehrerseminar, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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§ 5.
Cultur und Civilisation.
Ein anderer Gesichtspunkt für die Eintheilung der Menschen
in bestimmte Gruppen ergiebt sich, wenn man die Culturverhält-
nisse in's Auge faßt. Cultur ist zunächst Urbarmachung und Be-
bauung des Feldes, und da mit dieser friedlichen Arbeit die geistige
Entwickelung Hand in Hand geht und kaum von ihr zu trennen
ist, so bezeichnet Cultur überhaupt Gesittung und Bildung. Civili-
sation dagegen bezeichnet die Ausbildung eines Volkes zur geord-
neten bürgerlichen Gesellschaft; das Wort erklärt sich aus der
Beziehung auf den Staat, auf die oiviws.
Man unterscheidet die materielle von der geistigen
Cultur; erstere ist die Basis der letztern, denn nach Befriedigung
seiner körperlichen Bedürfnisse verlangt der Mensch zuerst. Der
zum Denken und Erfinden angeregte Geist wendet seine Thätigkeit,
sobald er sich der Sorge für leibliche Bedürfnisse überhoben sieht,
rein geistigen Gebieten zu; aber in der Folgezeit hebt und steigert
die geistige Cultur an ihrem Theile die materielle, indem die
Wissenschft immer neue physische Kräfte und Stoffe dem Menschen
nutzbar macht und deren Brauchbarkeit erhöht.
Zur materiellen Cultur gehört zunächst die physische Cultur,
die Bodenindustrie und Gewinnung vegetabilischer, animalischer und
mineralischer Rohprodukte, und dann die technische, diejenige
Thätigkeit der Menschen umfassend, welche die Naturprodukte zu
Kunstprodukten mit Hülfe technischer Instrumente und physischer
Kräfte verarbeitet: metallurgische und mineralurgifche Industrie,
Textilindustrie, Fabrikation chemischer und pharmacentischer Produkte
und Consumtibilien, sowie von Instrumenten aller Art. Die Ver-
Mittelung der Güter zwischen Producenten und Consumenten be-
sorgt der Handel: Groß-, Klein-, Land- und Seehandel, Transito,
Import und Export. Den Aufschwung des Handels und der
Industrie fördern die Verkehrswege, die Waffer- und Landstraßen
mit Einschluß der Eisenbahnen, das Post- und Telegraphenwesen.
Der Welthandel erhebt allmälig jedes Instrument des Verkehrs
zu einem kosmopolitischen Werkzeuge und sucht die Unterschiede
der Cultur zu verwischen und auszugleichen.
Die geistige Cultur zerfällt in die sittliche und intellectuelle.
Die sittliche Cultur manisestirt sich in dem Cultus, der äußerlich
wahrnehmbaren Gestaltung und Entfaltung des religiösen Lebens,
in dem Familien- und Arbeitsleben des Volkes; die intellec-
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