1884 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Simon, ..., Seydlitz, Ernst von
- Auflagennummer (WdK): 19
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Europa.
gewinnung, nehmen fast | der produktiven Bodenfläche ein. — Tirol, Salzburg,
Steiermark. Kärnten und Ober-Österreich sind besonders zur Viehzucht geeignet'
die aber auch in Galizien und Ungarn einen beträchtlichen Teil der Produktion
bildet, wenn auch noch nicht genügend für den Bedarf des Reiches.
Bergbau. Der Kaiserstaat übertrifft durch die Mannigfaltigkeit von Erzen
und anderen Mineralien alle übrigen europäischen Staaten, doch sind die Lager-
stätten noch lange nicht hinreichend ausgebeutet und nur iu geringem Maße be-
nutzt. Von den vielen und reichen Kohlenlagern, welche die Monarchie im
allgemeinen besitzt, ist ein großer Teil nicht in Äbban gekommen, wenn sich auch
in der Förderung von Stein- und Braunkohlen seit 1870 ein rasches Fortschreiten
bemerkbar macht.*) Alle Länder des Kaiserstaates nehmen am Bergbau mehr oder
weniger teil; am belangvollsten aber ist derselbe in Steiermark, Kärnten und
Krain, in Ungarn, Siebenbürgen, Böhmen, Mähren, Schlesien und Galizien.
Es sinden sich alle edlen Metalle außer Platina, besonders brennbare Mine-
ralien (die Ausbeute an Kohlen, i. I. 1840 nur 9,4 Mill. Zoll-Ctr., übersteigt
jetzt 240 Mill. Zoll-Ctr.; davon sind die Steinkohlen in den Sudetenländern
und in Ungarn, wo das Bänät bei Oravica [Örcttntza] die besten liefert, am
mächtigsten, während die Braunkohlen sich fast in allen Kronländern vorfinden),
Eisen (von vorzüglicher Güte in Steiermark), Blei (das reinste liefert Käruten,
f- des gesamten österreichischen Bleiertrages, der sich 1873 auf 150 Wo Zoll-
Centner belief), Quecksilber (7800 Zoll-Ctr. zu Jdria in Krain, weniger in
Ungarn und Siebenbürgen), Salze (Wieliczka Wjelitschka", Salzkammergut),
zahlreiche und vorzügliche Mineralquellen.
Industrie und Handel. Hauptsitze der österreichischen Industrie sind Böh-
men, Mähren, Österreich unter der Enns; in Ungarn und Galizien ist sie unter-
geordnet; Böhmen hat zahlreiche Eisenwerke, Maschinenwerkstätten, Leinwand-,
Porzellan-, Glas-, Kattun- und Zuckerfabriken. —Die Haupthindernisse des Hau-
d els, dessen Betrieb der Ertragsfähigkeit des Bodens und der Industrie uicht ent-
spricht, find natürlicher Art- bedeutende Schwierigkeiten fetzt die Donau der
Schiffahrt entgegen, die hinter der rheinischen weit zurücksteht; dazu gesellt sich der
Umstand, daß die Mündnngen der Donau und Elbe außerhalb Österreichs liegen.
— Die Eisenbahnen gehen in fünf Hauptarmeu von Wien aus- nach Norden
(Nordbahn), Nordwesten (Franz-Josef- und N.-W.-Bahn), Westen (Westbahn),
Süden (Südbahn), Osten (Ungarn); außerdem sind Prag und Budapesthauptkno-
tenpuukte des Netzes, das (Ans. 1882) eine Länge von 18900 km erreicht hatte.
In bezug aus die geistige Kultur herrscht ein bedeutender Abstand zwischen
den deutschen Landesteilen und den östlichen Ländern der Monarchie, wo die Ver-
schiedenheit der Sprache ein Haupthemmnis für die Volksbildung ist. — Öster-
reich besitzt 10universitäten, 3 deutsche- Prag,**)Wien, Graz, Innsbruck, Czeruo-
witz, und 5 in den nichtdeutschen Ländern - Krakau, Lemberg, Pest, Klausenburg,
Agram; technische Hochschulen giebt es 7 : zu Wien, Graz, Prag (2), Brünn,
Lemberg und Pest. Krakau besitzt ein technisches Institut.
Die Landmacht ***) besteht im Frieden aus 286 (Xx) Mann, im Kriege aus 806 666 Mann,
dazu kommt die Landwehr mit 258 666 Mann! also stehendes Heer und Landwehr zusammen:
1664666 Mann. Die Kriegsflotte zählt 46 Dampfer (worunter 11 Panzerschiffe) und 27
andere Fahrzeuge, von zusammen 366 Kanonen mit 6166 Matrosen Friedensbemannung, die
sich im Kriege auf 12 366 Mann steigert. Stand der Handelsmarine (Ans. 1882) 8466 Schiffe.
*) Vgl. Klun: Statistik v. Osterr.-Ungarn. —Brachelli, a. a. D. : Urproduktion.
**) Seit 1882 ist Prag eine Doppel-Universität: deutsche und tschechische.
***\ Allgemeine Wehrpflicht; 3 Jahre in der Linie, 7 in der Reserve und 2 in der Landwehr.