1887 -
Berlin
: Dümmler
- Autor: Baumgarten, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Ostafrikcmische Karawanen. 37
durch Sklaven befördern lassen, welche sie an der Küste mieteten,
und aus der nördlichen und südlichen Route, also nach dem Nyanza-
und Nyaffa-See, geschieht das auch noch jetzt. Die Wanyamwezi
betrachten gegenwärtig das Lasttragen bei einer Karawane als einen
Beweis männlicher Tüchtigkeit, Knaben saugen die Lust zu diesem
Gewerbe gleichsam mit der Muttermilch ein, Jungen von sechs oder
sieben Jahren nehmen einen kleinen Elefantenzahn auf die Schulter,
und man sagt von einem jungen Menschen, der nicht Lust hat,
Träger zu werden, er sitze in der Hütte und brüte Eier aus. Der
Pagazi ist ein merkwürdiger Mensch; beim Vermieten wird er vom
Kaufmann so hohen Lohn als irgend möglich herauszudrücken suchen;
dann arbeitet er um feinen Sold Monate lang; trifft er aber unter-
Wegs in einer heimziehenden Karawane einen Freund, der ihn zum
Ausreißen beredet, so wird er ausreißen und die Früchte seiner An-
strengung, den Lohn, im Stiche lassen. Man muß darum bei solchen
Gelegenheiten die Träger streng überwachen. Ohne weiteres und
ohne eine Veranlassung würden diese Wanyamweziträger nicht fort-
laufen, weil dergleichen von der öffentlichen Meinung streng ver-
urteilt wird, aber kein Kaufmann ist im stände, sich die Zuneigung
dieser Leute derart zu erwerben, daß nicht gelegentlich der eine oder
der andere sich entfernte. Manchmal hängt das Verbleiben der
Trägerschar wie an einem Haar; es ist vorgekommen, daß sie alle
bei einem sehr geringfügigen Vorwande die Ballen weggeworfen
haben und abgezogen sind. Unter Umständen empfiehlt es sich, ihnen
ihre Kleider mit Beschlag zu belegen und sie namentlich bei Nacht
von bewaffneten Sklaven bewachen zu lassen. Doch nützen auch
diese Vorkehrungen nicht immer, und ist der Flüchtling einmal über
die Lagerstätte hinaus, so hält es sehr schwer, ihn wieder znrückzu-
bringen. Wir haben schon bemerkt, daß es bei ihm als Ehrenpunkt
gilt, das Gepäck nicht mitzunehmen; dagegen stiehlt ein Sklave, der die
Karawane heimlich verläßt, allemal.
In der Kisawaheli-Sprache nennt man Karawanen Safari, vom
arabischen Safar, eine Tagereise, im Innern Rugendo oder Lugendo,
einen Gang. Auf den Hauptstraßen findet man fast immer dergleichen.
Nach aufwärts gehen sie am liebsten in den Monaten, in welchen
die große und die kleine Regenzeit schließen, also nach der Küste im
Juni und September, weil dann Wasser und Lebensmittel in Menge
vorhanden sind. Wer in der trockenen Jahreszeit auszieht, hat auf
größere Beschwerden zu rechnen, muß für den Proviant das Doppelte,