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1. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 46

1887 - Berlin : Dümmler
46 Deutsch-Ostafrika. schwach gehalten, ihm ist die Hand, von welcher er Futter erhält, ganz gleichgültig. Uber den Tod eines Verwandten oder Kindes klagt er vielleicht am Abend, aber am andern Morgen denkt er nicht mehr daran. Gastfreundschaft übt er nur, wenn dabei etwas zu ge- Winnen ist, und seine erste Frage bleibt allemal: Was willst du mir geben? Einem Fremden, der ins Dorf kommt, wird die aller- schlechteste Hütte angewiesen, und wenn er sich beklagt, entgegnet man ihm, draußen sei ja Platz genug. Sein Wirt verlangt sür alles, was er giebt und gewährt, sogleich Vorausbezahlung; ohne diese kann man Hungers sterben, wenn auch ringsum Lebensmittel Vollaus wären. Es gäbe für den Fremden keine Sicherheit, wenn er nicht das Schießgewehr hätte, und wenigstens die Häuptlinge die Notwendig- keit von Handel und Verkehr einigermaßen begriffen; deshalb nehmen sie den Kaufmann unter ihren Schutz. Der Handel bringt Vorteile, von anderen Fremden erwartet man dergleichen nicht, und behandelt sie deshalb mit weniger Rücksicht. Der Schwarze verweigert einem verschmachtenden Mann einen Trunk Wasser, wenn er auch Überstuß daran hat; er wird keine Hand ausstrecken, um die Waren eines an- deren zu bergen, wenn auch tausende dabei verloren gingen. Was geht ihn das an? Aber er geberdet sich lächerlich heftig, wenn ihm selber ein zerlumptes Stück Zeug oder ein lahmer Sklave abhanden kommt. Er ist geizig und karg auch dann, wenn etwas ihm Ver- gnügen macht; seine Köter liebt er mindestens eben so sehr wieseine Kinder, aber er giebt diesen Hunden nur selten ein wenig zu fressen, und kann nicht begreifen, daß die Araber ihre Esel mit Korn süt- tern; er giebt sein Erstaunen darüber mit einem langgezogenen Hi! hi! zu erkennen. Er ist höchst unbedachtsam, kennt keine Vor- sorge, denkt nicht an morgen, und wird uns gewiß nicht den Weg zeigen, bevor man ihm Glasperlen gegeben hat. Es wurde schon bemerkt, daß in allen Dingen Vorausbezahlung geleistet werden muß; freilich hält niemand ein gegebenes Versprechen und keiner glaubt sich durch irgend eine Verpflichtung gebunden. Verlangt man auch nur für eine Stunde Kredit von ihm, dann entgegnet er: „In meiner Hand ist nichts." Wahrheitsliebe ist unter derartigen gesellschaftlichen Verhältnissen keine Tugend, und die Lüge ist auch dann an der Tagesordnung, wenn der Lügner von ihr weder Nutzen noch Vergnügen zu erwarten hat. Wenn ein Unyamweziführer dem Reisenden sagt, daß nur eine
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