1887 -
Berlin
: Dümmler
- Autor: Baumgarten, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
60 Die Niam-Niam und Monbuttu.
ungemein viel, und es wäre sehr schwer, hierin eine neue Form aus-
findig zu machen, die Haare in Flechten zu legen und diese zu
Zöpfen und Knäueln aufzubinden, welche die Niam-Niam nicht be-
reits kennten. Sie haben sehr große Haarnadeln von Elfenbein,
dann einen Strohhut mit Federbusch. Weiter spielen Halsschnüre,
aus den verschiedensten Zähnen (von Elefanten, Löwen ?c.) zusammen-
gesetzt, eine Hauptrolle, die auf der dunklen Haut des Körpers
prachtvoll abstechen.
Als Stammesmerkmal haben die Sandeh — das ist der Name,
den sie sich selbst geben — 2 bis 3 mit Punkten ausgefüllte Quadrate
tättowiert, welche eine X-förmige Figur von stets gleicher Gestalt
auf der Brust bilden. Außerdem tragen die einzelnen noch als in-
dividuelles Kennzeichen auf der Brust und am Oberarm einige Tät-
towierungen. Ihre Hauptwaffe ist die Lanze und der Trumbasch,
eine Wurfwaffe; sie besteht aus zwei gleichschenkligen, mit spitzen
Zacken versehenen Ranken. Bogen und Pfeile sind nicht allgemein
im Gebrauch, wohl aber verschiedene größere Messer mit sichelartiger
Klinge, den türkischen Säbeln nachgebildet. Es ist schwer anzugeben,
ob man dieses Volk ein ackerbauendes oder ein Jägervolk nennen
soll, beide Beschäftigungen gehen bei ihnen Hand in Hand, die
Bodenbestellung ist indes entschieden eine ziemlich geringe, und bei
der Fruchtbarkeit des Bodens erscheint die Arbeit zumal unbedeutend.
Wie in Abysstnien wird auch hier ein wohlschmeckendes Bier ge-
macht, auf dessen Bereitung die Eingeborenen die größte Sorgfalt
verwenden.
Vieh jeder Art fehlt dem Lande, die einzigen Haustiere sind
Hühner und Hunde. Bezüglich des Genusses der letzteren sind sie
ebenso wenig wählerisch wie die Monbuttu und Dinka. Im großen
und ganzen sind jene Völker Anthropophagen, obgleich einige Häupt-
linge großen Abscheu gegen Menschenfleisch zeigen. Sie tragen mit
Ostentation die Zähne der Verspeisten als Schmuck; sie schmücken
alle Gerätschaften mit deren Köpfen. Am häufigsten und allgemein-
sten wird das Fett von Menschen verspeist. Es wurde sogar schon
constatiert, daß Leichen solcher, welche auf dem Marsche starben
und verscharrt worden waren, aus den Gräbern geholt und verzehrt
wurden.
Einer der Gewährsmänner dieser Angabe, dem ich anfangs
stets mit Zweifeln begegnete, mußte einen Teil feiner Aussage buch-
stäblich mit seinem eigenen Leibe bestätigen, als er in der Nachbarschaft