1887 -
Berlin
: Dümmler
- Autor: Baumgarten, Johannes
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Verhältnis der Eingeborenen zur christlichen Einwanderung. 203
der Sarg hineingestellt worden und der Mollah ein Gebet stehend
verrichtet hatte, das Heiligtum und nur die Mollahs, einige hohe
Würdenträger und männliche Familienmitglieder des Verstorbenen
blieben darin zurück. Ich kann nun freilich nicht sagen, ob der letz-
tere von ihnen in der Kapelle selbst zur letzten Ruhe gebettet wurde,
da die Thüren eben geschlossen worden waren. Bei anderen ärmeren
Mohammedanern, welche ich früher hierher ohne weitere Begleitung
als die der Träger bringen und bestatten gesehen, wurde der Deckel
des Sarges, auch die Umwandung desselben weggenommen und der
Leichnam auf dem untern Brette in das ausgemauerte, einer Schleuse
nicht unähnliche Grab durch eine Seitenöffnung hineingeschoben, die
letzte Bekleidung von ihm gezogen und hierauf nach kurzem Gebete
des Totengräbers, die offene Stelle zugemauert. Nackt war er aus
der Mutter Schoß auf die Erde gekommen, nackt sollte er auch dem
Erdenschöße übergeben werden. Die Leidtragenden entfernten sich
daraus lautlos, um heimzukehren.
Nach der Lehre des Islam verharrt die Seele im Körper des
Beerdigten bis der Erzengel Gabriel vom Himmel niedersteigt, denn
Gabriel ist der Engel des Todes. Des Abends naht er dem frisch
aufgeworfenen Grabe, löst die Erde, welche den Toten bedeckt und
begehrt von ihm strenge Rechenschast über das Leben, welches er
eben vollendet hat. Der Mensch rechtfertigt sich fo gut als er kann,
dann wird der Körper, aus Staub geschaffen, zu Staube, die Seele
aber fliegt zum Himmel auf, dem sie entstammt.
3. Das Verhältnis der Eingeborenen zu der christlichen
Einwanderung.
Es ist an mich gar häufig die Frage getreten, ob die franzö-
fische Oberherrschast und überhaupt der Verkehr mit Europäern nicht
nach und nach eine ändernde Wirkung auf Anschauungen, Sitten
und Gebräuche der Orientalen des algerischen Maghreb geäußert
hätten und die Hoffnung auf größere Afsiruilieruug und innigere
Vereinigung berechtigt fei. Ich glaube dies für längere Zeit noch
verneinen zu müssen. Wir sehen zwar einige wenige Mischehen zwi-
schen Mohammedanern und Christen, wir treffen wohl in den Reihen
des französischen Militärs so manchen Sohn Afrikas im Dienste mit
den Franzosen wetteifernd, wir finden die Vornehmen, Eheiks,
Kaids, Marabute oder Chefs größerer maurischer Handelshäuser