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1. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 222

1887 - Berlin : Dümmler
222 Der arabische Adel in der Wüste. Kind klein, gehört ihm gewissermaßen das Zelt, und sein Vater ist fast sein erster Sklave; seine Spiele bilden die Freude der Familie, seine Ausgelassenheit und Einfälle die Lust und Heiterkeit darin; fo=. bald es aber heiratsfähig wird, lehrt man es die Demut und Unter- würfigkeit; es darf nicht mehr vor dem Vater fprechen. Diese nn- bedingte Ehrfurcht, die es dem Haupte der Familie schuldig ist, gebührt auch dem altern Bruder. Indessen erreichen die arabischen Sitten, trotz der aristokratischen Strenge, die finstere Härte nicht, welche unter den Patriziern in Rom herrschte. Ein Vater würde hier z. B. seinen Sohn nur dann selbst zum Tode verurteilen, wenn er sich an ihm selbst vergriffen hätte, in jedem andern Falle aber sich darauf beschränken, ihn aus seinen Augen zu verbannen. Der Charakter des Volks läßt sich am besten aus den feierlichen Augenblicken des Lebens erkennen. Begleiten wir alfo einen Adeligen der Wüste durch dieselben. Der Tag, an welchem ein Kind in einem großen Zelt geboren wird, ist ein Tag unermeßlicher Freude. Ein jeder begiebt sich zu dem Vater des Neugeborenen und sagt ihm: „Möge dein Sohn glücklich sein!" Während die Männer sich um den Vater drängen, empfängt auch die Mutter Besuche. Die Frauen des Stammes eilen zu ihr. Männer und Frauen bringen Geschenke, ihrem Vermögen entsprechend. Von den Kamelen, den Schafen und den kostbaren Kleidungsstücken bis zu Getreide und Datteln häufen sich alle Schätze der Wüste unter dem Zelte, das Gott gesegnet hat. Da- gegen ist der, welcher diese Zeichen der Achtung und Liebe empfängt, genötigt, in großem Maßstabe Gastfreiheit zu üben. Bisweilen trak- tiert er die Besuchenden zwanzig Tage lang. Auch die Feste in der Wüste haben den Charakter des Großartigen, der allem eigen ist, was aus diesem Schauplatze ursprünglichen Lebens geschieht. Sobald das Kind sich zu entwickeln beginnt, lehrt man es lesen und schreiben, was indes bei den Dschuads eine Neuerung ist. Sonst kümmerten sich nur die Marabuts um Gelehrsamkeit. Der Mann vom Schwert verachtete alles Wissen, wie unsere Barone im Mittelalter; man glaubte die Energie seines Mutes anzutasten, wenn man seinen Geist ausbildete; seit man aber gesehen hat, daß bei den französischen Soldaten der Besitz von Kenntnissen die Tapferkeit nicht verringert hat, änderten auch die Araber ihre Ansichten darüber. Viele sagten sich aber auch mit schwermütiger Resignation, wie ich es selbst ge- hört habe: „Sonst konnten wir in Unwissenheit leben, denn die
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