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1. Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil - S. 400

1887 - Berlin : Dümmler
400 Central-Afrika und die Negerbevölkerung. der dieselben auf Fabeln, Rätseln und Sprichwörter beschränkt. „Namentlich die letzteren, sagt er, zeugen von einer besonderen Ori- ginalität und angeborenem Mutterwitz. Die lyrischen Gesänge sind bei dem engen Gefühlskreise des Negers unbedeutend; die besseren derselben lassen fremden, arabischen Einfluß nicht verkennen." Charakter und Gemütsleben eines Volkes treten am augenschein- lichsten und prägnantesten in dessen Märchen- und Erzählnngslitte- ratur zu Tage, deren Wichtigkeit für die Kulturgeschichte erst gegen- wärtig in ihrem ganzen Umfange gewürdigt wird. So zeigen denn auch die zahlreichen Märchen, welche sich die Betschnanas seit alten Zeiten erzählen, trotz manchen ungeheuerlichen, barbarischen Seiten Züge des lebhaft auffassenden afrikanischen Geistes, welchem selbst höhere moralische Regungen nicht fern liegen. In dieser Beziehung sind die folgenden zwei Märchen, deren Mitteilung wir dem katho- lischen Missionar Casalis verdanken, weit charakteristischer als manche weitläufige Sittenschilderungen. I. Kammapa und Litaolane. Vor sehr alten Zeiten ging einmal das ganze Menschengeschlecht zu Grunde. Ein Ungeheuer, das man Kammapa nennt, verschlang alle, die Großen wie die Kleinen. Dieses Tier hatte eine solche Länge, daß die schärfsten Augen kaum von dem einen Ende zum andern sehen konnten. Nur Eine Frau blieb auf Erden übrig. Diese entging der Gefrässigkeit der Kammapa, weil sie sich versteckt hatte. Sie gebar einen Sohn in einem alten Kuhstalle. Als sie ihren Neugeborenen genau betrachtete, staunte sie nicht wenig, seinen Hals mit Amuletten geschmückt zu sehen. „Da dem so ist" — sprach sie — „soll sein Name Litaolane (der Prophet) heißen. Armes Kind, in was für einer Zeit bist du zur Welt gekommen! Wie wirst du dem Kammapa entgehen? Was werden deine Amulette dir nützen?" So sprechend, sammelte sie draußen einige Handvoll Düngerstroh, die ihrem Säugling als Lager dienen sollten. Als sie aber wieder in den Stall trat, wäre sie vor Schreck und Staunen beinahe des Todes gewesen: das Kind war schon zum Manne herangewachsen und hielt Reden voll Weisheit. Litaolane ging sogleich hinaus ins Freie und wunderte sich über die Stille und Öde ringsumher. „Mutter" — sprach er - „wo sind
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