Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Kulturgeographie des Deutschen Reiches und seine Beziehungen zur Fremde - S. 119

1904 - Halle a.S. : Schroedel
Die deutschen Auswanderer im Auslande. 119 betriebsame und ehrliche Leute. In ihren Dörfern fühlt man sich recht heimatlich angeweht. Die netten, reinlichen Häuser, von zierlichen Blumengärten und geräumigen Hofanlagen umgeben, die stillen, sauberen Bewohner in ihrer deutschen Tracht mit ihrer schwäbischen Mundart — alles dies vergegenwärtigt uns ein Stück Deutschland. Von der Nähe der rnssichen Residenz wissen diese deutschen Landleute den besten Nutzen zu ziehen, liefern Gemüse nach der Stadt und vermieten im Sommer ihre hübschen Häuser als Sommerwohnungen für Residenzbewohner. Nach Zahl und Größe sind diese Kolonieen unter allen russischen am kleinsten. b) Die Wolga-Kolonieen stammen ebenfalls aus der Regieruugs- zeit Katharinas Ii. Sie umfassen die 102 Stammkolonieen, welche sich teils auf der Berg-, teils auf der Wiesenseite des Stromes in der Nähe der Städte Samara und Saratow hinziehen, und die weiter nach S gelegene Herrnhnter Kolonie Sarepta. Die ersteren wollten anfangs trotz redlicher Fürsorge der Regierung nicht recht gedeihen und hatten mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen, da die Kolonisten sämtlich sehr arm waren und die Mehrzahl derselben von einem tüchtigen Ackerbau wenig verstand. Heute gehören sie zu den blühendsten und volkreichsten Kolonieen. Durch Zuwauderer, darunter anch Mennoniten, ist ihre Anzahl bedeutend gestiegen. Es gibt Orte, wie z. B. Katharinenstadt, die Stadtrecht be- sitzen und 8—10 000 Einwohner zählen; mehrere haben 3000 Einwohner, und solcher mit 1 — 2000 Einwohner gibt es viele. Ackerbau und Vieh- zucht bilden zwar die wichtigsten Nahruugsquelleu der Kolonisten; daneben blühen aber auch Handel und Gewerbe. Obstbau ist selten; dagegen wird viel Tabak gebaut. Den Namen Sarepta legten die Herrnhnter ihrer Kolonie bei, weil sie bei der Durchwauderuug der ödeu Steppe, die bis dahin nur der Aufenthalt nomadisierender Hirtenvölker war, an die Wanderung des frommen Elias durch die Wüste nach Sarepta dachten. In Erinnerung an die wunderbare Erhaltung des Propheten bei der armen Witwe wählten sie zum Gemeindesiegel das Mehlfaß mit Kornähren und den Ölkrug unter dem Olivenbaum. Durch Ausdauer, unermüdlichen Fleiß und zähe Geduld ist es ihnen gelungen, Sarepta zu einer blühenden und reichen Stadt zu machen. Sie liegt malerisch an den sanft abfallenden, von grünen Schluchten durchzogenen Wolgabergen, die sich hier zum letztenmal dem Strome nähern, ehe sie sich in die Kalmückensteppe ver- lieren. Die Häuser sind von Stein, die Straßen regelmäßig, breit und reiulich und zu beiden Seiten mit Pyramidenpappeln oder Maulbeerbäumen bepflanzt. Die gauze Stadt ist von Blumengärten durchzogen. Die Bewohner sind ausgezeichnete Acker- und Gartenbauer. Getreide, Garten- früchte, Wein, Tabak und besonders Senf werden in großen Mengen angebaut. Auch der Gewerbefleiß ist sehr hoch entwickelt. Die Stadt hat Seiden- und Wollwebereien, Senf- und Seifenfabriken, Brauereien und Tabaksfabriken und treibt einen schwunghaften Handel. Die kirch- lichen und Gemeindeeinrichtungen sind denen von Herrnhut treu nach- gebildet. — Zur Blüte der Wolgakolouieeu hat nicht wenig die treffliche Wasserstraße der Wolga beigetragen.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer