1904 -
Halle a.S.
: Schroedel
- Autor: Eckert, Max
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die deutschen Auswanderer im Auslande. 125
ihnen gelernt und in Milwankee einen ganz anderen Charakter, als in
anderen Städten der Union. Sie wetteifern mit dem Deutschen in dem
Bestreben, die Stadt auf materiellem und geistigem Gebiete vorwärts
zu bringen.
Aber auch in anderen Städten der Union *) findet man heute zahl-
reiche Deutsche, wenngleich ihr Los oft viel zu wünschen übrig läßt. Die
Masse der auswandernden deutschen Arbeiter und Handwerker hat die der
auswandernden Landbauern schon seit langer Zeit überflügelt.
Von den 1902 ausgewanderten Personen waren 42 0/0 Industrielle
und Handwerker, 8 °/0 Handeltreibende, 37% Landleute und 13% ohne
Angabe des Berufes. Erst mit diesem Jahre war der Anteil der Land-
banern wieder größer als in den vorhergehenden Jahren,**) Obwohl
deutscher Fleiß und deutsche Zähigkeit den deutschen Arbeiter drüben in
den meisten Fällen ein gutes Fortkommen sicherte, tüchtige Arbeit auch
gut bezahlt wurde, so ist dies iu letzter Zeit wesentlich anders
geworden. Die Städte des Ostens haben schon mehr Arbeitskräfte, als
sie gebrauchen. Nur der sehr geschickte und intelligente Arbeiter kann
hoffen, nach einiger Zeit vielleicht in seinem Beruf Arbeit zu finden. Er
muß gewöhnlich erst eine schwere Zeit durchmachen, in der er keine Arbeit
scheuen darf, und dabei sind die Löhne durchaus nicht glänzende. Hat
er Verwandte, so kommt er vielleicht schneller vorwärts; aber gewöhnlich
haben die Verwandten, wenn sie noch zu kämpfen haben, wenig Lust, sich
mit dem Einwanderer lange zu beschäftigen.
Infolge der Überzahl von Arbeitskräften beginnt in neuester Zeit
eine immer mehr um sich greifende Bewegung gegen die Auswanderung,
bezw. Einwanderung, in den amerikanischen Arbeiterkreisen um sich zu greifen.
Überproduktion und zügellose Konkurrenz haben Arbeitslosigkeit und
Herabsetzung der Löhue hervorgerufen. Die Austreibung der Chinesen
aus vielen Orten Kaliforniens, Oregons und Washingtons ging der
jetzigen Arbeiterbewegung voran, die sich zunächst gegen diejenigen Europäer
richtet, die, wie die zahlreichen Italiener, die kanadischen Franzosen,
die Polen und Slowacken, durch ihre übermäßige Sparsamkeit und
Genügsamkeit die amerikanischen Arbeiter in ähnlicher Weise wie die
Chinesen bedrohen. Außer den schon früher angeführten Maßregeln
gegen die Einwanderung von arbeitsunfähigen Personen verlangt man
eine hohe Kopfsteuer für jeden Auswanderer, um so die einheimischen
Arbeiter zu schützen und die Einwanderung auf unschädliche Verhältnis-
zahlen herabzudrücken.
3. Deutsche Ansiedler in Südamerika, besonders in Brasilien.
Brasilien gehört zu den neueren Zielen der deutschen Auswanderung.
Nachdem das Land im Jahre 1822 selbständig geworden war, zeigte sich
*) Hoboken, am Hudson, in nächster Nähe von Newyork, ist durchweg eine
deutsche Stadt (gegen 100000 Deutsche». Da sich zudem die ausgedehnten
Anlagen des Norddeutschen Lloyds hier befinden, könnte man meinen, in
Bremerhafen zu sein.
**) Von den 1897 ausgewanderten Personen waren 17,4°/<> Arbeiter,
14/7 % Industrielle und Handwerker, 17,4% Handeltreibende, 3,7% von
andern Berufsarten, 36,3°/0 Personen ohne Angabe des Berufs, also in
den meisten Fällen wohl auch Arbeiter, und nur 10,5 % Landbauern.