1879 -
Freiburg im Breisgau [u.a.]
: Herder
- Autor: Pütz, Wilhelm, Behr, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Frankreich. Geographische Stellung. Gliederung. 8- 56. 199
§. 56.
Die Republik Frankreich.
Geographische Stellung.
Frankreich nimmt eine vermittelnde Stellung zwischen der
romanischen und der germanischen Welt ein, indem es im Süden
und Südosten an zwei romanische Länder, im Norden und Nordosten an zwei
germanische uumittelbar grenzt und von Großbritannien nur durch eine enge
Wasserstraße getrennt ist. Daraus folgte, daß es nicht nur selbst beide
Elemente, das romanische und germanische, in sich aufgenommen und mit
einander vermischt, sondern auch seinen germanischen Nachbarn, den Deutschen
und den Briten, diejenigen romanischen Bestandtheile, die sich in ihrer Civili-
sation vorfinden, mitgetheilt hat. Eine solche Doppelnatur seiner eigenen
Gesittung hat dieser sowohl in den Ländern des Südens als in denen des
Nordens leichten Eingang verschafft, und daher war Frankreich in den letzten
Jahrhuuderteu, neben seinem bedeutenden Einfluß in den politischen Verhält-
nissen, auch zu einer gewissen geistigen Weltherrschaft gelangt und hat durch
die weite Verbreitung der srauzösischen Sprache (seit Lndwig Xiv. die Sprache
der Diplomatie) einen internationalen Ideenaustausch vermittelt.
Seine Stellung zum Ocean, nach welchem drei große Wasserstraßen
führen, hat Frankreich nicht die Bedeutung gegeben, welche man vielleicht er-
warten könnte. Vor der Auffindung der neuen Welt hat fast nur die mit
zahlreichen Häfen ausgestattete Nordwestküste eine Bedeutung erlangt als
Gegengestade der englischen Küste, welcher sie celtische, römische und uormauui-
fche Bevölkerung als Ansiedler und Eroberer zugeführt hat. Aber nachdem
die atlantische Küste durch die Entdeckungen gegen Anfang des 16. Jahr-
Hunderts eine höhere Bedeutung erlangt hatte, haben die Franzosen am
wenigsten von allen am atlantischen Ocean wohnenden Nationen an der
Stiftung großer Reiche jenfeit des Oceans Theil genommen. Nie hat Frank-
reich ans der See glänzende Erfolge errungen. Das entschiedene Uebergewicht
des weiten Binnenlandes über das Küstengebiet, in Verbindung mit einem
reichen, die meisten Bedürfnisse in der Nähe befriedigenden Boden, dann das
Jahrhunderte hindurch vorhandene Gelüste, die continentale Grenze im Osten
und Nordosten vorzurücken, vielleicht auch die Einförmigkeit des Seelebens
gegenüber der Lebhaftigkeit des französischen Charakters, alle diese Umstände
haben zusammengewirkt, daß die Nation nicht ein nach oceanischer Größe
strebendes Seevolk geworden ist.
Wie bei der iberischen Halbinsel, so kann man auch bei Frankreich einen
kleinern (%), mediterranen, und einen weit größern Qj^), oceanifchen
Theil unterscheiden, zwischen denen die Sevennen, das Plateau vou Lpouuais
und Eote d^or das Scheidegebirge bilden, welches (wie der Ostrand der Hoch-
fläche in Spanien), obgleich dem Mittelmeer' weir mehr genähert als dem
Ocean ^ seine Hauptströme in längerem Laufe dem Ocean zufendet. Wie anf
jener Halbinsel, jo beschränkt sich auch hier der mediterrane Theil auf ein
einziges großes Stromgebiet (der Rhone) nebst dem Küstensaume am Mittel-
meer, während der oceanische Theil sämmtliche übrige Stromgebiete enthält.
Grenzen.
Frankreich hat zu natürlichen Grenzen die beiden wichtigsten
Meere und die beiden höchsten Gebirge Europa's, und wo die West-Alpen
aufhören (am Genfer-See), da setzen der Jura und die Vogesen die