1879 -
Freiburg im Breisgau [u.a.]
: Herder
- Autor: Pütz, Wilhelm, Behr, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
230 Deutschland. Handel und geistige Bildung. Verfassung. §. 60.
bedeutendes Feld darbieten. Auf diese Weise ist auch die Ebene vielfach der
Sitz technischer Production gewordeu. — Der große Reichthum von Erzeug-
uissen sowohl der Urproduction als des Gewerbsleißes bietet den Stoff zu
eiuem sehr ausgedehnten und lebhaften Handel, dessen Bedeutsamkeit auch
durch die centrale Lage des Landes, dessen Berührung mit dem Meere, den
Besitz so vieler schiffbaren Ströme, das sich immer dichter verzweigende Eisen-
bahnnetz (fast 4000 M.), die Beseitigung der inneren Zollschranken in Folge
des fortwährend erweiterten deutschen Zollvereins in hohem Grade
gefördert wird. Dieser Verein umfaßt jetzt ganz Deutschland (mit Ausnahme
der Freihasengebiete von Bremen mit Bremerhafen, und von Hamburg mit
Altona, fowie einiger kleineren badischen, oldenburgischen und preußischeu Ge-
bietstheile, 71/2 Ihm. *), dazu Luxemburg.
Für den auswärtigen Haudel sind die (mittelbaren) Nordseehäfen
Hamburg und Bremen die wichtigsten, in zweiter Reihe die Ostseehäfen:
Lückeck, Wismar, Rostock, Stettin, Danzig, Königsberg, Memel. Die deutsche
Handelsmarine (4800 Seeschisse) steht an der Zahl der Schiffe der fran-
zösifchen, englischen und nordamerikanischen, an Tragfähigkeit (1 Mill. Tonnen)
nur den beiden letzteren nach. Der Binnenhandel war ehemals Haupt-
sächlich an die großen Messen zu Leipzig, Frankfurt am Main, Braun-
schweig u. f. w. geknüpft, ist aber in Folge der vermehrten und beschleunigten
Communicationsmittel jetzt weder an einen bestimmten Raum gebunden, noch
auf eine gewisse Zeit beschränkt; nur die Leipziger Messe und die periodischen
Wollmärkte in Breslau, Berlin u. f. w. haben noch eine größere Wichtigkeit
behauptet.
In Bezug auf allgemeine Verbreitung geistiger Witdung vermittelst
zahlreicher, tresslich eingerichteter höherer, mittlerer und Elementar-
Schnlen steht Deutschland keinem Lande nach. Fast kein Dorf entbehrt
mehr einer Volksschule, und neben den ans höhere wissenschaftliche Studien
vorbereitenden Gymnasien und Lyceen sind für die Ausbildung zu com-
merciellen und gewerblichen Zwecken Real- und Gewerbeschulen, polytechnische
Schulen und Akademien entstanden. Kein anderes Land hat (allerdings
in Folge der früheren staatlichen Zersplitterung) eine so bedeutende Anzahl
vollständiger Universitäten; Deutschland zählte deren früher 38, jetzt
hat das deutsche Reich noch 20 (Königsberg, Berlin, Breslau, Halle, Greifs-
wald, Kiel, Göttingen, Marburg, Bonn, München, Erlangen, Würzburg,
Leipzig, Tübingen, Heidelberg, Freiburg, Gießen, Rostock, Jena, Straßburg
— jedoch nur 3, Breslau, Bonn und Tübingen, mit theologischen Facultäten
beider Konfessionen). Die Hauptstädte und die Universitätsstädte bieten in
ihren öffentlichen Bibliotheken, wissenschaftlichen Sammlungen und Instituten,
gelehrten Gesellschaften u. f. w. sehr reichhaltige Mittel zur Förderung ge-
lehrter Bildung. Neben den Wissenschaften erfreuen sich auch die schönen
Künste einer sorgsamen Pflege, und Deutschland dars, wie auf feine Ge-
lehrten, so auch auf feine Meister in der Kunst (besonders der Malerei und
der Musik) mit gerechtem Stolze Hinblicken.
Verfassung.
Nach der 1806 erfolgten Auflösung des „heiligen römischen Reiches
deutscher Nation" (welches im Jahre 1786 nicht weniger als 289 Reichs-
stände zählte) und nach einer kurzen Zeit der Fremdherrschaft erhielt
Deutschland (1815) eine ueue Verfassung als deutscher Buud, der
*) S. Petermanu's Mitteilungen, 1869, Tafel 14.