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1. Lehrbuch der allgemeinen Geographie - S. 145

1873 - Frankfurt a.M. : Jaeger
— 145 — Mill. E.) durch eigne Schuld eingebüßt, nämlich durch seine unersättliche Habgier und die despotische Verwaltung seiner Colonieen. Betrachten wir die Thätigkeit der Spanier auf dem landwirthschast- lichen Gebiete, so ist bei der Dürre der beiden kastilischen .Hochebenen und der Tiefebene Arragoniens, welche zusammen den größeren Theil der Halb- insel einnehmen, und bei dem Mangel an Fleiß der Bewohner ein hin- reichender Ertrag des Bodens nicht zu erwarten. Die südlichen Landschaften, Valencia und Murcia, haben Reis, Mais, Weizen in mehr als ausreichender Menge; doch ist auch hier eine sehr große Sorgfalt der Bewohner auf die Bestellung der Felder nicht ersichtlich. Der Weinbau ist am meisten der- breitet und kultivirt; der Wein in der Umgebung von Malaga und Xeres de la Frontera, aus Andalusien, Murcia und Valencia wird auch im Aus- lande hochgeschätzt. Die Viehzucht wird uicht minder wie der Ackerbau und die Forstwirthschaft vernachlässigt. Während früher, und zwar noch vor 50 Jahren, alljährlich 8 Millionen Pfuud Wolle ausgeführt wurden, welche als die beste überall anerkannt war, wird jetzt keine Million mehr versendet, und gegenwärtig steht die spanische Wolle noch obendrein an Feinheit und Güte der sächsischen und schleichen nach. Der Seidenbau, welcher ziemlich verbreitet ist, liefert auch kein fehr geschätztes Produkt. Und dieser ganze Jammer rührt einzig von der Verwaltung des Reichs und von der Trägheit des spanischen Volkes her. Unter Philipp Ii. und Iii., also um 1560, zählte Sevilla in seinen Mauern 16,000 Webstühle für Seide und Wolle,, wodurch 130,000 Menschen Beschäftigung erhielten. Sechszig Jahre später gab es in der gleichen Stadt nur noch 400 Web- stühle. Der Despotismus der Regierung und die grausame Justiz der Inquisition lähmte die fleißigsten Arbeiter und zwang sie zur Auswanderung. Rechnet man doch, daß über 30,000 Menschen durch die Inquisition in Spanien verbrannt und 300,000 streng bestraft worden sind. Die spanische Industrie ist jetzt so unbedeuteud geworden, daß man die meisten Fabrikate aus dem Auslande bezieht. Nur in den größten Städten finden sich Fabriken, namentlich in Seide und Leder, deren Waaren aber hinter andern europäischen Manufakturen zurückstehen *). Der Handel im Innern ist weder durch Straßen und Kanäle noch durch ein großartiges Eisenbahnnetz unterstützt. Seehandelsplätze sind Cadix, Bar- celona, Malaga, Santander, Bilboa ic. Der spanische Volkscharakter weist viele gute Seiten auf, welche aber durch die strenge politische und religiöse Bevormundung des Volkes arg verwischt worden sind. Man rühmt vor allem an den Spaniern echte Vaterlandsliebe, Tapferkeit, Muth und Ausdauer, Redlichkeit, Ernst, Ein* sicht und Lebendigkeit. Es giebt wenig Völker in Europa, welche dem Spanier an Mäßigkeit gleichkommen. Ein spanischer Soldat begnügt sich für einen Tag mit Wasser, Brot und einer süßen Zwiebel; „Oliven, Salat und Radieschen sind Speisen eines Ritters." Eben wegen ihrer Mäßigkeit und tapfern Ausdauer _ sind die Spanier die besten Soldaten und Festuugs- vertheidiger. Nicht mit Unrecht wirft man dem Spanier Grausamkeit, Hochmuth, Rachsucht und Geiz vor. Die Volksbelustigungen der Spanier, die Stiergefechte, denen Männer und Frauen aller Stände mit unbegreif- *) Die Tabaksfabriken, namentlich die in Sevilla und Madrid, welche aus- schließlich von der Krone betrieben werden, sind allein sehr bedeutend, weil der Spa nier ohne Cigarren, Chokolade und kühles Wasser nicht leben kann. Cassian, Geographie. 5. Aufl. Iq
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