1881 -
Frankfurt a.M.
: Jaeger
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto, Cassian, Heinrich
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Asien. 337
B. Die britischen Besitzungen.
Seit dem Jahre 1000 n. Chr. suchten muhamedanische Eindringlinge
sich die Herrschaft Indiens anzueignen, namentlich entstand in der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts das Reich des Großmoguls von Delhi, welches
den größten Teil Indiens unterwarf. Fast zur gleichen Zeit ließen sich die
Portugiesen an einzelnen Küstenpunkten (z. B. Goa) nieder. Ihnen folgten
die Holländer mit einigen Stationen auf dem festen Lande, namentlich aber
mit Kolouieeu auf Ceylon und den hinterindischen Inseln. Und seit dem
Anfang des 17. Jahrhunderts traten auch die Engländer hinzu, und zwar
in der Form einer Handelsgesellschaft, der sogenannten englisch-ostindischen
Kompagnie. Dieselbe erlangte ein Handelsprivilegium zunächst auf 20
Jahre, doch wurde dasselbe fortgesetzt erneuert. Unter einem Direktorium
von 24 Perfonen erweiterte die Gesellschaft ihre Handelsgeschäfte mehr und
mehr und trat namentlich seit 1765 erobernd auf. Unter geschickter Benutzung
der zwischen den einheimischen Fürsten herrschenden Zwistigkeiten erreichten
die Beamten der Kompagnie allmählich die Verwaltung der einzelnen Reiche,
und zwar zunächst Bengalens und einzelner Gebiete von Malabar und
Koromandel, dann am Ende des vorigen Jahrhunderts südlicher Land-
striche (Maisur). Hierauf folgte die Unterwerfung des mittleren Hind-
oft an, eines Teils von Nepal und der meisten Mahrattensürsten, nament-
lich auch auf Dekhan. Seit 1826 führten Kämpfe mit Birma zur Erwerbung
bedeutender Teile dieses Staates; dann wurde (1849) das Paudschab und
Jndnsgebiet, wenig später das Königreich Audh in Hindostan einverleibt,
und da inzwischen auch die einheimischen Herrscher im innern des Plateaus
von Dekhan in Folge von Bündnissen und Verträgen immer abhängiger
geworden waren, so stand seit etwa 1855 ganz Indien unter der Herrschaft
der Kompagnie. Da brach 1858 eine gefährliche Revolution der einheimischen
Truppen aus, durch welche die Kompagnie veranlaßt wurde, ihre Rechte an
die britische Regierung abzutreten, die bereits seit 1815 im Besitze Ceylons
war. Seit 1877 führt die Herrscherin von England auch den Titel „Kaiserin
von Indien", doch hat der Staat bis jetzt von dem ungeheuren Besitze keinen
direkten Nutzen. Die britische Regierung ist in den letzten Jahren außer-
ordentlich bemüht gewesen, durch Herstellung von Eisenbahnen, Heerstraßen,
Kanälen das Innere zu erschließen, um durch Hebung der Produktion be-
sriedigendere Zustände herzustellen, als die tief verschuldete Kompagnie sie
hinterlassen. _ Daneben werden zahlreiche Bildungsanstalten erhalten, die kon-
sessionslos sind. Trotzdem schreitet die Bevölkerung nur langsam in euro-
päischer Bildung und Anschauung fort, namentlich widerstreben derselben die
zahlreichen Muhamedaner (50 Mill.).
Die Hauptbevölkerung des Landes bilden die der kaukasischen Rasse
angehörenden Hindus. Sie sind von mittlerer Größe, zierlichem Körperbau
und großer Gewandtheit und Ausdauer. Sie versertigen mit unvollkommenen
Werkzeugen die schönsten Arbeiten und feinsten Zeuge. Ihr Charakter ist
sanft und mitleidig auf der einen, granfam und unbarmherzig auf der anderen
Seite. Während (besonders von der buddhistischen Sekte der Dschainas)
Kühen, Assen und andern Tieren vollständige Spitäler und Versorguugs-
Cassian, Geographie. 6. Aufl. 22