1882 -
Hannover
: Hahn
- Autor: Guthe, Hermann, Wagner, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
490 Buch vii. Asien.
mittlere Höhe hat, bis zu 3000m emporsteigt. Im Norden des Kammes
erfüllen dagegen eine Menge von Längs- und Querketten den ganzen
Bezirk von Daghestau, so daß nur für einen wenige Meilen breiten
Küstensaum Raum bleibt. Schmäler ist wieder der mittlere, obgleich
höchste Theil des Gebirges zwischen demkasbek im O. und Elbrus
im W., indem das vom oberen Terek durchflössen? etwa 600—700m
hohe Plateau hier unmittelbar an die Hauptkämme herantritt. Daher
führt auch hier die wichtigste Straße über das Gebirge hinüber, die
einzige, welche die Russen in dem sonst so unwegsamen Gebiete bis
jetzt erbaut haben. Sie ist den kühnen Straßen, die in diesem Jahr-
hundert über die Alpen geführt find, an Schwierigkeit der Ausführung
und malerischer Schönheit ihrer Umgebung vollkommen ebenbürtig. Bei
Wladikawkas (d.h. Herr des Kaukasus, Iis"') am Terek begin-
nend, zieht sie sich im Thale desselben am Ostabhang des Kasbek
(5043 m)*) hinauf, überschreitet südlich des Gipfels die Wasserscheide in
2400°' Höhe und führt in gleicher Richtung direct nach Tiflis ohne
einen zweiten Rücken zu ersteigen. Diese Passage verleiht der jetzigen
Hauptstadt der kaukasischen Besitzungen Rußlands, Tiflis, die große
Bedeutung. — Im centralen Theil gliedert sich der Kaukasus in mehrere
Parallelketten, welche mit ihren Gipseln weit über die Schneegrenze hinaus-
reichen. Es charakterisiert sich derselbe gerade hier, wo der Kamm mit
seiner Gletscherbedeckung und seinen Felsabstürzen kaum unter 3000™
herabsinkt und nur Gletscherpfade über ihn hinwegführen, als eins der
mächtigsten Alpengebirge der Erde. Der höchste Berg, der doppelgipsliche
Elbrus (Elburus, 5632™)'), wie der Kasbek ein erloschener Vulkan,
liegt im Norden der Hauptachse, und von diesem zweigt sich zugleich als
Wasserscheide zwischen Terek und Kuban ein Höhenzug nach Norden
ab, der bis zum 45» reicht. Stawropol liegt hier noch 610™ hoch.
Im Westen fällt das Gebirge schnell von seiner Höhe herab, wird
schmäler und bildet, mit den parallelen Vorketten unmittelbar an das
Meer herantretend, auf 50 M., 400 Kil., eine ausgezeichnete Steilküste.
Im Gegensatz zu anderen Gebirgen von gleicher Ausdehnung hat der
Kaukasus einen großen Mangel an Längsthälern. Die Querthäler
bilden mehr oder weniger enge Schluchten, einzelnen Flüssen gelingt
es, durch diese selbst die Hauptkämme zu durchbrechen; so liegt um
den Kasbek herum die Wasserscheide auf dem südlichen Kamme.
In Folge dieser Unzugänglichkeit ist das Gebirge bis auf die neueste Zeit
ein Sitz zahlreicher unbezwungener Bergvölker gewesen, die mit den Stämmen
der vorliegenden Ebenen im Süden und Norden und untereinander in ewigem
Kampfe lebten, weshalb wir hier statt der friedlichen Hirtendörfer anderer
Alpengebirge überall Felsburgen und Befestigungen finden. Nicht weniger
wird die Ünzugänglichkeit des Kaukasus durch die Thatsache beleuchtet, daß
früher die einzige Verbindung zwischen dem Norden und Süden am Ostabhang
des Gebirges durch Umgehung der Halbinsel Abscheron, an deren Südseite
die ewigen Feuer von Baku (Naphtaquellen) brennen, stattfand. Um diesen
Weg zu versperren, haben im Anfang des Mittelalters die neupersischen Könige
bei Derbend, d.h. Eisernes Thor, ein paar parallele Mauern vom Ge-
birge bis zur Küste gezogen, zwischen denen die Stadt liegt. Die Eroberung
i) Nach Abich; die ersten Ersteiger des Elburs, W. Freshfield, Moore und
Tucker, fanden für den Elbrus eine Höhe von 5661 m. S. Geogr. Mith. 1869, S. 59.