1911 -
Halle a. d. S.
: Verl. der Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Lampe, Felix
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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als Horstgebirge erscheinen lassen, z.b. Schwarzwald, Wasgenwald;
2. Auffaltung der Erdrindenmassen zu Gebirgsrücken, z. B. Karpaten,
Balkan, Kaukasus, besonders häufig an den Küsten, wie am voll-
kommensten O.-Australien und die pazifische Seite Amerikas zeigen: Wo
Faltungsgebirge gegenwärtig dem Meere fern liegen, läßt sich in der Regel
beweisen, daß sie in früheren Zeiträumen der Erdgeschichte Festlandküsten
bildeten (Ural, Alpen); 3. Fortbewegung von ganzen Teilen der Erdober-
fläche über Nachbargebiete. Solche Uberschiebungsdecken find bisher
vornehmlich an einigen Stellen der Schweizer Alpen nachgewiesen.
Im Dienste der genaueren Morphologie der Gebirge, der Oro- b) Anlässe,
graphie, steht die Orometrie, die Lehre von den Maßen der Gebirge.
Sie lehrt, daß viel umfassender als der Vulkanismus die „Tektonik", d. i.
Gebirgsbildung, au der Ausgestaltung der Erdoberfläche arbeitet. Vermutlich
war die Erde einst feuerflüssig, erstarrte erst im Laufe unberechenbar langer
Zeiträume durch Ausstrahlung ihrer Wärme in den äußerst kalten Weltraum
und unterliegt noch gegenwärtig wie jeder sich abkühlende Körper einer lang-
samen Zusammenziehung; dadurch sinken entweder Teile der Oberfläche
ins Innere oder andere schieben sich bei der Zusammenziehung über Nach-
barteile oder es runzelt sich die eine oder andere Zone der Außenseite
gleich der Schale eines durch Trocknen zusammenschrumpfenden Apfels.
Unsere Figur stelle einen Querschnitt durch ein Faltungsgebirge mit
mehreren Kämmen dar; mau sieht sofort, daß ein solches Gebirge bei
Wiedereinebnuug seiner verborgenen Schichtgesteine im gegenwärtigen Ab-
stand vom Erdmittelpunkt zwischen seinen einschließenden Felsmassen am Fuß
nicht Raum fände, daß mithin die frühere Horizontallage seiner Schichten
nur in einer Zeit möglich war, als die Erde noch etwas umfangreicher
war. Ausgeglättet würden die Felsschichten des Schweizer Jura 5, die
der Schweizer Alpen sogar 120 km weiter reichen als jetzt der Gebirgs-
fuß; die horizontal gedachten Schichten des Schweizer Jura würden dem-
nach bis gegen Bern und Lausanne, die der Westalpen bis in Mailands
Länge sich erstrecken. Auch sieht man, daß der Faltenwurf nicht durch
Druck aus der Tiefe entstanden sein kann, denn dadurch bliebe die Über-
faltung bei 1 unerklärlich. Kammgebirge entstehen durch Seiteu-
schub nachgiebiger Massen der Erdrinde gegen festere, und die meisten der
alltäglich sich ereignenden Erdbeben werden als Folge von Fortsetzungen
dieser säkular langsamen Aufprefsuug der Gebirge erkannt.