1911 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Lerche, Otto
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
24
A. Zur Allgemeinen Erdkunde.
nirgends aber von der Bildnng'eines Berges begleitet. Erst kürzlich hat sich beim
Erdbeben von Enböa Ende April 1894 wieder ein 55 Km langer Abbruch von 1 m
Höhe gebildet. Bei ruckweisen Erhebungen des Landes werden stets größere zusammen-
hängende Partien bewegt. Ties gilt auch von den allmählichen Verlegungen der
Erdkruste, wie eine solche heute in Schweden erfolgt.
Unzweifelhaft dagegen werden Berge durch vulkanif che Kräfte gebildet, wenn
auch nicht in der Weise, daß, wie man lange anzunehmen geneigt war, die Lava in
die Erdkruste eindrang und diese bnckelsörmig aufwölbte. Ist zwar heute ncich der
Untersuchung der Henry Mountains auf dem Coloradoplateau durch Groove Karl
Gilbert nicht daran zu zweifeln, daß solche Vorgänge wirklich eingetreten sind, so ist
doch höchst unwahrscheinlich, daß dabei jähe Erhebungen der Erdoberfläche, die man
als Berge bezeichnen würde, entstanden. Vielmehr dürfte sich die Injektion einer
knchenförmigen Lavamasse in die Kruste, nämlich die Bildung eines Lakkolithen,
oberflächlich nur durch Aufwölbung einer flachen Bodenschwelle geltend machen.
Die Berge, welche unmittelbar der vulkanischen Tätigkeit ihr Dasein danken, sind
durch dieselbe ausgeschüttet worden, indem sich die aus der Tiefe geförderteu Mate-
rialien rings um den Eruptionsschlund anhäuften.
Sind die letzteren lose, bestehen sie aus Aschen, Sanden und Schlacken, so gleicht
der Vulkanberg einer Ausschüttung von Sand, welche uuter eiuem Wiukel vou höch-
stens 30° von der Spitze aus abfällt, dann sich mehr und mehr verflacht. Die Kontur
eiues derartigen Vulkans stellt eine sanft abwärts geschwungene Kurve dar, welche
in solcher Regelmäßigkeit verläuft, daß man sie mit einer bestimmten mathematischen,
nämlich einer logarithmischen, verglich. Man kennt sie von den zahlreichen Darstel-
lnngen der japanischen Kunst, welche immer wieder die Umrisse des Fujiyama dar-
zustellen liebt. Sie ist bezeichnend für die Gestaltverhältnisse eines aus losen Mate-
rialien ausgeschütteten Vulkans. Da dieselben in der Regel leicht zu Tuffen ver-
backen, so spricht man meist von einem Tuffvulkan. Liefern Vulkaue vornehmlich
Laven, so bilden dieselben rings um den Eruptionsschlot flach abfallende Ströme
und Decken, so daß eine flach gewölbte Kuppel mit durchaus aufwärts gekrümmten
Konturen entsteht, wofür die Insel Hawaii ein treffliches Beispiel ist. Höchst selten
endlich sind ringsum steil abfallende Quellkuppen von Lava.
Große Vulkane machen einen äußerst imposanten Eindruck. Wie stattlich erhebt
sich schon der Vesuv über Neapel, und doch ist er nur ein Zwerg unter den großen
Vulkankegeln. Welchen großartigen Anblick gewährt der Ätna über Taormina; wie
gewaltig entsteigt der Pico de Teyde der Insel Tenerise den Fluten. In allen diesen
und den meisten anderen Fällen wirken die Vulkane mehr durch ihre Massen als durch
die Kühnheit ihrer Formen oder die Steilheit ihrer Abfälle. Man wird sich dessen
häufig nicht inne; um Vulkanberge in ihrer manchmal überwältigenden Wirkung
bildlich wiederzugeben, übertreibt der Stift leicht die Steilheit der Vulkankonturen,
wie denn überhaupt namentlich Maler gern geneigt sind, Erhebungen, welche durch
ihre Höhe und Breite zugleich das Auge des Beschauers fesseln, übermäßig steil zu
zeichnen. Wie oft wird doch der Vesuv mit Böschungen von 45° wiedergegeben,
während sein mittlerer Abfall nach Messungen nur 14° beträgt. Selbst ein Humboldt
hat die Vulkane mit übermäßiger Steilheit dargestellt; seine „Umrisse von Vulkanen"
haben durch die Ansichten des Eotopaxi wesentlich dazu beigetragen, daß mcm die
Vulkaue als förmliche Schornsteine auffaßte. Die von Reiß und St übel veröffeut-
lichten „Skizzen aus Ecuador" haben seither eines Besseren belehrt. Pllimp sitzt der
Ehimborazo (6254 rn) auf dem fast 4000 m tiefer liegenden Hochlande von Quito