1911 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Lerche, Otto
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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A. Zur Allgemeinen Erdkunde.
aufstieg und sich rasch dem Zeuit näherte. Die Natur war safterfüllt, juuges Laub
und Blüten entfalteten sich mit großer Schnelligkeit .... Die Hitze wuchs stündlich
und betrug gegeu 2 Uhr 33 bis 34°, während zugleich jede Stimme eines Vogels
oder vierfüßigen Tieres schwieg. Die Blätter, so frisch und saftig am Morgen, wurden
schlaff und hingen herab, die Blumenkelche schlössen sich. Im Juni und Juli fiel
meist ein heftiger Regenschauer während des Nachmittags, der eine willkommene
Kühle brachte. Das Heranziehen der Regenwolke geschah immer auf eine Weise,
deren Beobachtung sehr interessant war. Zuerst ließ die kühle Seeluft nach, die gegen
19 Uhr morgens zu wehen angefangen und mit dem Höhersteigen der Sonne sich der-
stärkt hatte, und endlich hörte sie ganz aus. Alsdann wurde die Hitze und elektrische
Spannuug der Luft fast unerträglich. Erschlaffung und Unbehagen benmchtigte
sich jedes Wesens, selbst der Waldtiere. Nun zeigten sich weiße Wolken im Osten
und ballten sich zu Haufen, deren unterer Teil dunkler und dunkler wurde. Der
ganze östliche Horizont ward plötzlich schwarz, und diese Farbe breitete sich nach auf-
wärts aus, bis die Sonne verdeckt ward. Darauf ertöute ein mächtiges Windes-
brausen durch den Wald und schüttelte die Baumwipfel; ein jäher Blitz zuckte, dann
ertönte ein Donnerschlag, und der Regen rauschte in Strömen nieder. Solche Ge-
Witter ziehen rasch vorüber und lassen blauschwarze, bewegungslose Wolken bis
zur Nachtzeit am Himmel zurück. Die ganze Natur ist erfrischt; nur die Blüten und
Blätter liegen haufenweise unter den Bäumen. Am anderen Morgen erhebt sich
die Sonne wieder am wolkenleeren Himmel und erfüllt so den Kreislauf des Tages,
in welchem sozusagen sich Frühjahr, Sommer und Herbst darstellen. Mehr oder
weniger gleichen sich alle Tage des Jahres; ein gewisser Unterschied besteht zwischen
der trockenen Zeit und der Regenzeit, aber die trockene Zeit — Juli bis Dezember —
ist doch von Regengüssen unterbrochen, und die Regenzeit — Januar bis Juni — hat
ihrerseits ihre Sonnentage. Daraus folgt dann auch, daß die periodischen Lebens-
erscheinungen der Tiere und Pflanzen für die verschiedenen Arten, ja selbst für die
verschiedenen Individuen einer Art, keineswegs an eine bestimmte Jahreszeit ge-
bunden sind wie in Europa. Hier hat jeder Wald seiu frühjährliches, sein sommer-
liches, herbstliches und winterliches Kleid. Unter dem Äquator ist der Wald das ganze
Jahr hindurch sich gleich oder fast gleich; das Sprießen, Blühen, die Fruchtzeit und
der Blattfall gehen immerfort, bald für diese, bald für jene Pflanzenart. Jeder Tag
hat seinen Anteil an Lenz, an Sommer und Herbst. Da Tag und Nacht gleich lang
sind, so gleicht sich jede Störung vor dem nächsten Morgen aus; die Sonne durch-
läuft stets die Mitte des Himmels, und die Temperatur der einzelnen Tageszeiten
bleibt sich jahraus, jahrein gleich. Wie großartig ist dieses vollkommene Gleichgewicht
der Natur in ihrem einfachen Kreislaufe unter dem Äquator!"