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1. Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare - S. 50

1911 - Breslau : Hirt
50 A. Zur Allgemeinen Erdkunde. boden den Waldwuchs weniger begünstigte als den von Gras und Girant. Städte sah man gar keine, kaum geschlossene Dorsschasten, gewöhnlich bloß verstreute Block- Häuser, um sie her wohl etwas Feld, grasende Kühe, Schase oder Ziegen, ein grunzendes Schwein, von Eichelmast genährt, aber keinen Baumgarten. Holzäpfel und Holz- birnen brach man sich aus dem nahen Wald, der in malerischem Durcheinander Laub- mit Nadelholz mischte; die schöne Eibe war an ihrem dunkelgrünen Wipfel schon von weitem erkennbar neben dem helleren Grün der Fichte oder der Kiefer; Eichen und Buchen walteten unter den nur sommergrünen Waldbäumen vor, aber auch Liudeubestünde mengten sich ein, auf den Gebirgshöhen turmhohe Edeltannen. Bär und Luchs lauerten im Dickicht, in dem die wilde Taube girrte und über dem krächzende Raubvögel ihre Kreise zogen; der Wolf ging auf Beute aus, fiel auch wohl weidende Wildpferde an; Wildschweine durchwühlten das Erdreich, neben Hirsch und Reh sah man das Elen mit seinem Schaufelgeweih das Geäst der Bäume und das Gestrüpp des Unterholzes geräuschvoll zur Seite drängen, um sich Bahn zu schaffen; in kleinen Gruppen durchzog das Geschwister des amerikanischen Bison, der Wisent, Niedernngs- wie Bergwald, in größeren Herden weideten Renntiere die grauen Flechten des Wald- bodens ab; an den morastigen Flußufern führten Biber ihre Wasserbauten auf im Schatten von Erlen, Eschen und Zitterpappeln. Heute würde Tacitus sein Germanenland kaum wiedererkennen. Der Deutsche ist nicht mehr bloß Jäger und Viehzüchter mit nebensächlichem Feldbau, seine weit intensiver gewordene Arbeit gehört dem Ackerbau und der innig mit ihm verknüpften Viehhaltung, dem Gewerbe bis zur Großindustrie, dem Bergwerksbetrieb, dem Handel und der Schiffahrt. Das kündet Deutschlands Antlitz mit der nahezu die Hälfte der Bodenfläche einnehmenden Feldflur, den zur menschlichen Nutzung regu- lierteu Flüssen, der Fülle von Städten, den Fabrikschornsteinen und Hochöfen, den See- und Stromhäfen, den Leuchttürmen und Teichbauten längs der Küstenlinie, dem umfassendsten Eisenbahnnetz in ganz Europa. Nur annäherungsweise haben sich Reste altgermanischer Landschaft noch erhalten auf den höchsten Zinnen unserer Ge- birge und in den Mooren, soweit diese noch nicht der Brandkultur unterworfen wurden, oder durch Abtragen des Torfes bis zum festen Untergrund einer am Kanalgezweig in sie eindringenden Fehnkolonie den Platz räumten. Der Urwald ist, wo man ihn nicht durch Feuer oder Axt zerstörte, zum Forst geworden, also zum Kunstwald, der in ein- tönig gleichmäßigen Beständen solche Holzarten enthält, die rasch wachsen und gut bezahlt werden. Darum hat besonders auf unseren Gebirgen die Fichte die Vor- Herrschaft erlangt, die hauptsächlich unser Bauholz liefert; selbst die stolzen Edeltannen, von denen einige Patriarchen am obersten Schwarzatal noch aus der Stauserzeit stammen mögen, finden wegen ihres langsamen Aufwuchses keine Gnade bei der Forstverwaltung. Tie Eibe treffen wir sogar meist nur noch als seltenes Relikt der Vorzeit an schwerer zugänglichen Stellen, so an der jähen Granitwand des Harzes, die vom Hexentanzplatz zur Bode absällt; sie wächst erst recht langsam nach und erlag daher, allzuviel geschlageu wegen ihres für Schnitzerei trefflich geeigneten Holzes, bei uus wie in Skandinavien frühzeitig allmählicher Ausrottung. Renntier und Wisent verschwanden aus Deutschland schon während des Mittelalters, das Elen hält sich nur noch in ein paar preußischen Forsten unseres äußersten Nordostens, das mäßig große Wildpferd wird zuletzt in der Reformationszelt am Thüringer Wald erwähnt, Wolf und Bär wurden in den Folgejahrhunderten ausgerottet, vom Biber führt ein kleines Häuflein an der untersten Mulde und in dem benachbarten Stück des Elbtales oberhalb Magdeburg ein beschauliches Dasein, anderwärts sind dem merkwürdigen
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