1911 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Lerche, Otto
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Seminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
19, Die Bevölkerung Kameruns,
19. Die Bevölkerung Kameruns.
Von Prof. Or. Kurt Hassert. („Deutschlands Kolonien." 2. Auflage.
Leipzig 1910, Verlag von Dr. Seele & Co.)
Die Bevölkerung des Schutzgebietes wird, freilich zum Teil nur auf Grund sehr
zweifelhafter Schätzungen, auf insgesamt 3£- Millionen Köpfe veranschlagt^. Am
dichtesten ist die Küste, am dünnsten der Urwald bewohnt, worauf sich mit der An-
Näherung an das Grasland die Siedelungen wieder mehren und vergrößern. Da
Kamerun ethnographisch ein Grenz- und Übergangsgebiet ist, so lassen seine Ein-
geborenen in ihrer Zusammensetzung zwei Hauptgruppen, die Bantn- und Sudan-
neger, erkennen, zu denen als fremde, im Laufe der Zeit aber mehr oder minder stark
vernegerte Elemente, die Hauffa und Fulbe, hinzukommen^, während als ein spärlicher
Rest der braunen, zwerghaften Urbevölkerung Afrikas im Urwalde der scheue, klein-
wüchsige Stamm der gelbbraunen Bagielle (Bagelli, Bojelli, Bekwelle) lebt. Die
durchschnittlich nur 1,54 in großen Bagielle sind auf niedriger Kulturstufe stehenge-
blieben. Sie treiben keinen Feldbau, sondern streifen als Jäger familienweise unstet
umher, ihre primitiven, nur aus einem Blätterschirm bestehenden Hütten öfters
wechselnd, und tauschen von den Umwohnern Salz und Feldfrüchte gegen die Erträg-
nisse der Jagd ein. Der Begegnung mit Fremden gehen die Bagielle meist sorgfältig
aus dem Wege, so daß man ihr Gebiet durchstreifen kann, ohne einen Vertreter jenes
merkwürdigen Jägervolkes zu Gesicht zu bekommeu, das auch feine eigene, von den
in Kamerun gesprochenen Negerdialekten durchaus abweichende Sprache redet. Im
übrigen ist der Ackerbau die Hauptbeschäftigung der seßhaften Bantu- und Sudanneger.
Er wird in der Form des Hackbaues mit einer kurzstieligeu Hacke und einem kurzen
Handspaten ausgeführt, die im Lande selbst angefertigt sind. Düngung ist unbekannt.
Ist ein Feld erschöpft, so bleibt es mehrere Jahre brach liegen. Dann wird das in-
zwischen gewachsene hohe Elefantengras niedergebrannt, das als Dünger dient.
Angebaut werden hauptsächlich Planten oder Kochbananen (Nusa paradisiaca),
Mms (Dioscorea sativa), Maniok (Manihot utilissima), Bataten oder Süßkartoffeln,
Kassada, Mais, Negerhirse, Makabo (Koko, Minde, der Taro der Südsee, Arum escu-
lentum) und Erdnüsse, und zwar ist das Hauptnahrungsmittel der Urwaldbewohner,
der Bantu, die Plante, die auf dem Graslande mehr und mehr vor Negerhirse und
Mais zurücktritt3. Ter Feldbau findet seine Ergänzung in der Viehzucht, die nament-
lich im Graslande sehr bedeutend ist, während sie im Urwaldstiefland nur wenig ge-
trieben wird. Daher ist im Küstengebiet frisches Fleisch so selten, daß große Mengen
von Fleischkonserven für die Europäer eingeführt werden müssen. In Buea befindet
sich eine von bayrischen Sennen geleitete Viehzuchtstation, die gute Erfolge mit
1 Einigermaßen genaue Zählungen und Schätzungen ergeben für die Bezirke Victoria
7500. Rio del Rey 32 000, Johann Atbrechts-Höhe 55 000, Ossidinge 20 000, Duala 60—66 000,
Lolodorf 40 000, Lomie 93 000, Buea 10 000, Kribi 34 000, Edea 120 000, Jabafsi und Ebo-
lowa je 180 000.
2 Außer den Fulbe und Haussa sind auch Araber und das Mischvolk der gewerbtätigen
und handelseifrigen Kanuri ins Kameruner Hinterland eingewandert. Die letzteren setzten
sich im 13, und 14. Jahrhundert im heutigen Deutsch-Bornu fest und bilden dessen vorherr-
schenden Bevölkerungsauteil,
3 Eine ganze Reihe wichtiger Nahrungs- und Genußmittel des Negers ist erst aus
Amerika nach Afrika eingeführt worden, z. B. Mais, Maniok, Erdnuß, Süßkartoffeln und Tabak.