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1. Band 1 - S. 42

1900 - Glogau : Flemming
Gewürm verleihen dem Bilde ein farbenprächtiges Aussehen, und dem Seefahrer will es scheinen, als schwebe er in der Luft und sehe herab auf die wunderschönste Vegetation. Der Erdteil selbst, an dem wir landen, tritt uns wie eine Riesengestalt entgegen. Er erstreckt sich durch 125 Breitengrade und hat seine Länder durch vier Zonen verteilt. Es ist, als N'enn er den Ankömmlingen die Arme entgegenhält, ihnen sein freundliches Antlitz zukehrt und in allem und jedem als der jüngere Bruder Europas sich gebärden will, der völlig die europäische Civilisation übernommen hat und mit uns wetteifert in den Kultursortschritten der Menschheit. Die parallele Gegenüberstellung der beiden Ufer- seiten des Atlantischen Oceans hat etwas Überraschendes. Gleichwie die Jungfrau Europa alle ihre gewinnenden Reize nach Westen kehrt und der Erdteil Afrika sozusagen den gewaltigen Sockel bildet, auf dem sie sitzt, so ist Nordamerika die menschlich entgegenkommende und fühlende Brusthälfte des Erdteils, und Südamerika fließt wie eine gleichförmige Gewandung herab von der hehren Gestalt. Manches deutet auch auf den früheren Landzusammenhang mit der alten Welt über die Brücke der Behringsstraße, während erst „im Tertiärzeitalter durch vulkanischen Aufwurf der Landenge von Panama" die Ver- bindung mit Südamerika hergestellt ist. So treffen wir in Nord- amerika aus alte Bekannte, wie den Wachholderstrauch und das Nenn- tier und die vertrauten Gestalten der Kiefernarten, während Süd- amerika uns viel fremdartiger berührt und als der eigentliche Tropen- kontinent, als reichstes und fruchtbarstes Gelände und als „Treib- haus" der Erde sich darstellt. Dennoch betrachten wir Nord- und Südamerika zusammen als eine Kontinentaleinheit, sie haben ja auch ihre gemeinsamen Sonder- thpen, die für den ganzen Erdteil charakteristisch sind, so den Kolibri und die Kakteen. Es erscheint nun bei dem jüngeren Bruder, wie ich vorhin in Bezug auf die Civilisation Amerika Europa gegenüber nannte, alles kolossalischer wie in Europa. Der Hauptvorzug Europas in physikalisch-geographischer Beziehung ist, daß wir hier durchweg auf eine reichere Individualisierung stoßen; so hat z. B. Deutsch- land seine charakteristische Stufenbildung vom Tieflande her über die Mittelgebirgslandschaften und Plateaus hin zur alpinen Hoch- gebirgsnatur. Desgleichen erscheinen die Flüsse in viel reicherer Gliederung, und nun gar die überall aufgelockerten,, Küstenränder und eindringenden Binnenmeere geben Europa die Ähnlichkeit mit einem riesigen Polypen, der nach allen Richtungen hin seine Fang- arme ausstreckt, um die mannigfachsten Kultureindrücke aufzusaugen und in sich zu verarbeiten. In Amerika dagegen fehlen zumeist die Mittelstufen. Am ganzen Westrande des Erdteils haben wir das kolossale Hochgebirge, das namentlich in Südamerika seine staunens-
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