1901 -
Glogau
: Flemming
- Autor: Hanncke, Rudolf
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Downs ein so gleichmäßig mildes Klima, das; „Lorbeer und Myrte
den Winter überdauern, die Orangen Früchte tragen und die mexikanische
Agave im Freien blüht". Das bewunderte schon der römische Schrift-
steller, wenn er sagt asperitas frig-orum abest; Salcombe nennt man
das Montpellier des Nordens, und den Garten Englands heißt man
entweder den Südabsall der South Harns bei Exeter oder die schöne
Insel Wight, wo in den Underclisss der Südküste eine weiche, warme
Lust im ganzen Winter zu spüren ist. Ähnlich ist es mit den Kerry
Mountains in Irland, die man auch als die Irische Schweiz bezeichnet.
Es ist die Gegend der Seen von Killarney, und wie schön hat Macaulay
den Reiz dieses vielbesuchten Erdenwinkels beschrieben. Der Erdbeer-
bäum gedeiht dort besser als an der sonnigen Küste Kalabriens, und
man hat Exemplare bewundert von 10 m Höhe und llj2 m Umfang.
Die Beeren leuchten röter, die Epheublätter haben ein intensiveres
Grün, die Berge erglänzen in Purpursarben, kurzum man findet sich
in ein „irdisches Paradies" versetzt. Diese Anmut des ganzen Land-
strichs hatte auch einst zahlreiche Spanier veranlaßt, sich in dem West-
üchen Küstensaum niederzulassen, und der Insel Balentia, von der
das erste transatlantische Kabel nach Newsoundland und Nordamerika
gelegt wurde, hastet aus dieser Zeit der an das Mutterland erinnernde
Name an.
An den Rändern der Irischen See und nordwestlich an der
schottischen Küste hin haben wir weiter die Spuren einer gewaltigen
Naturrevolution und die staunenswertesten geologischen Seltsamkeiten.
Uberall dort sind als jüngstes Eruptivgestein die Basaltmassen hervor-
gequollen, und ihre sechsseitigen Säulenprismen machen aus den
denkenden Beobachter einen ganz überwältigenden Eindruck. Als
besuchteste Reiseziele sind der Giantscauseway triesendamm» in Antrim
in Irland und die noch bekanntere Fingalshöhle auf Staffa in den
Hebriden hervorzuheben. Hier fährt der Kahn in eine großartige
Münsterhalle hinein; die Flut ist lichtgrün, braune Basaltsäulen um-
geben uns in majestätischer Regelmäßigkeit, dazwischen leuchten rosen-
rote Seegewächse, und in diesem gigantischen Naturtempel wird das
Gemüt zu wunderbarer Andacht gestimmt. Der seierliche Ernst der
Scenerie findet ihr Ebenbild in den schwermütigen Gesängen Ossians,
und man hat geistvoll vergleichen wollen, die düstere Basalthöhle
Stassas verhalte sich zu der blauen Grotte bei Eapri wie die grandiose
Edda zu der Heiterkeit der griechischen Götterlehre.
Was sonst die Bodenbeschaffenheit der britischen Inseln hi jener
früheren Zeit betrifft, so kam Irland weniger in Betracht. Große ^orf-
moore bedeckten das Innere, und eigentlich hat erst in neueren Jahr-
Hunderten die Insel ihre wahre Lebensfrucht gefnnden in den von
Amerika übernommenen Kartoffeln. Doch muß man sich auch durch
die heutige Armseligkeit der Jrländer in seinem Urteil über das Land