1901 -
Glogau
: Flemming
- Autor: Hanncke, Rudolf
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 34 —
frankreich hat sich eine andere Scene des Kampfes gegen die Unter-
drücker und Bedränger abgespielt, das ist die Stelle, wo Kaiser
Napoleon Iii. dem mutigen Vercingetorix, dem Gegner Eäsars, die
Kolossalstatue setzen ließ mit den Worten: „Das geeinigte, eine
einzige Nation bildende, von demselben Geiste beseelte Gallien kann
die ganze Welt Heraussordern. Vercingetorix an die versammelten
Gallier". In der Mitte liegt das vulkanische Centralplateau. Hier
sinden sich die berühmten Thermen von Vichy, hier die wunderbaren
basaltischen Gebilde, wie der Riesendamm von Vals, der an den
irländischen Giantscauseway erinnert, hier ist endlich das merkwürdige
Land der Auvergne, das man Wohl als die „Akropolis von Frank-
reich" bezeichnet und das sich in dem scheußlichen und armen Limousin,
wo der Schnee 8 Monate liegen soll, zur westlichen Ebene hinab-
zieht. Schon das alte Gebirge des Landes hat Höhen von über
1700 m, und aus dieses sind nun die Vulkanberge ausgesetzt, so daß
der Puy de Sancy, ein Gipfel des Mont Dore, mit 1886 111 als
höchster Punkt des inneren Frankreichs zwischen Alpen und Pyrenäen
erscheint. In der Nähe ist der Puy de Dome, ebenfalls ein er-
loschener Vulkanberg, an dem Pascal 1648 zum ersten Male das Baro-
meter zur Höhenmessung in Anwendung brachte. Pascal ist übrigens
einer der wenigen berühmteren Anvergnaten, und er ist in der sran-
zösischen Litteratur mehr durch die Schärfe seines Geistes, als durch
den Schwung der Phantasie und das Feuer der Begeisterung aus-
gezeichnet, und das ist für sein Heimatland recht charakteristisch; die
Gegend macht einen ungemütlichen Eindruck. Selbst die Städte,
wie Clermont, haben etwas Düsteres, da die Häuser hoch und schwarz
aus Lava aufgebaut sind. Auf den Bergkuppen hingen die Schlösser
des Adels, und die ganze Auvergne steckte voll von Raubrittern,
denen erst Ludwig Xiv. 1665 das Handwerk legte. Die Bauern
sind häßliche Menschen und ziehen vielfach in die Ebenen hinab, um
bei der Ernte behülflich zu sein, oder in die großen Städte als Kessel-
macher. Merkwürdig ist, daß in dem Lande sich noch mannigfach
das lateinische Sprachidiom erhalten hat, wie denn der Bauer seinen
Pslugstier mit sta dos anredet. Das Land ist abgeholzt, sast nur
mit dichtem Heidekraut bedeckt und eignet sich also nur zur Viehzucht,
die die Bewohner nicht zu ernähren vermag. — Man hat mit Recht
darauf hingewiesen, daß die ganze Bergfestung, wie man die Auvergne
schlechthin nennen kann, von Westen her schwerer zugänglich erscheint,
und daß demnach weder die Engländer noch die Goten und die Grafen
von Toulouse ihre Herrschast über diese „Akropolis" ausgebreitet
haben. Vielmehr öffnet sich die ganze Berglandschaft nach Norden,
durch die Thäler des Allier und der Loire hin, und so zeigt sich auch
hier die überraschend glückliche Thatsache, daß alle die französischen
Landschaften sich um eine zur Eentralstelle gleichsam prädestinierte