Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 78

1901 - Glogau : Flemming
— 78 — Wersen wir noch einen Blick aus die Geschichte des Landes; die große Ebene in der Mitte des Königreichs macht einen befremdenden Eindruck (über 93000 Dkm, so groß wie das Königreich Portugal), und die Geschicke dieser Niederung haben etwas Asiatisches. Hier' war das Reich des Attila; mit seinen Hunnen hauste er in dem großen Ringe. Dann erschienen die Avaren, später die Magyaren. Als dies wilde Reitervolk, dessen verheerenden Einfällen in Deutsch- land die großen Kaiser Heinrich und Otto ein Ziel gesetzt hatten, seßhaft wurde und sich zum Christentums bekehrte, glaubte man die Stürme der Völkerwanderung endlich vorübergebraust. In Ungarn starb die einheimische Dynastie der Arpads aus, und Anjous und Luxemburger sehen wir als Herrscher des Königreichs walten. Da zog aber eine neue, furchtbare Gefahr herauf, nicht bloß für Ungarn, sondern für ganz Europa. Die Osmanen begannen ihren Eroberungs- zug, und nachdem Konstantinopel gefallen war, bildete Ungarn das Angriffsobjekt der streitlustigen Muhammedaner. Inzwischen hatte Habsburg das Königreich ererbt; aber es ist seines Besitzes bis etwa um 1700 nie froh geworden. Ganz Europa seuszte unter der drohenden Gefahr eines Einbruchs der Türken; man läutete täglich die Glocken und veranstaltete Umlagen durchs Reich, die sogenannte Türkensteuer. In diese Zeit versetzt uns die Handlung des Körnerschen Dramas Zriny. Der gewaltige Sultan Soliman will, ehe sein Leben ab- schlieft, noch eine Ruhmesthat vollbringen. Er belagert die Festung Szigeth (rechts von der Donau), und Zriny entschließt sich, das Heer des Bezwingers hier festzuhalten und sich für den österreichischen Kaiserstaat zu opfern. Die Handlung des Dramas verläuft unter so spannenden Eindrücken, der ideale Inhalt, der Tod fürs Bater- land, hat einen solchen Reiz und packt und begeistert uns, daß die deutsche Jugend, voran Berlin, gerade dies Drama, das doch in Ungarn spielt, zum Ausdruck ihrer Vaterlandsbegeisterung gewählt hat und in großen Volksaussührungen dem Publikum als leuchtendes Beispiel hinzustellen liebt. Die Türken sind dann 1683 noch vor Wien erschienen;' aber mit dieser letzten gewaltigen That ihres An- griffs und der Abwehr desselben sank auch der Islam in sich zu- sammen; von 1700 ab geht es an ein stetes Zurückweichen, und heute betrachten wir die Türkei, wie schon oben erwähnt, als den „kranken Mann". Also fast zwei Jahrhunderte hindurch haben die Ungarn den Einbruch fanatisierter Feinde verhindert, später sind sie dann selbst in das Türkenland eingedrungen, und lange Zeit erschien ihre Volksgeschichte wie ein Lagerleben. Das hat der ganzen Nation den tapferen Sinn eingeprägt; etwas Ritterliches umfließt die un- garischen Geschicke, und der sagenhafte Zug, daß die Ungarn in Preß- bürg ihre Schwerter gezogen und der hülfeflehenden Maria Therefta zugerufen hätten moriamur pro rege nostro Maria Theresia, charak-
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer