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1. Die nichtdeutschen Staaten Europas - S. 132

1901 - Glogau : Flemming
— 132 — Wir haben unfern Rundgang durch die Staaten Europas be- endet, und unwillkürlich kehrt unser Blick zurück zu Deutschland, zu unserem Vaterlande, das wir schon im ersten Teile behandelt haben. Deutschland liegt in der Mitte Europas, und wir können nur immer wiederholen, es ist das Herz des Erdteils, zu dem alle Lebensadern des Verkehrs und der Kultur hinführen und von dem sie umgekehrt ausstrahlen. Das ist schon in sprachlicher Beziehung deutlich zu spüren. Unser Vaterland hat in überreichem Maße alle die sremden Knltnreinflüffe in sich ausgenommen und läßt das auch äußerlich hervortreten darin, daß es mit Fremdwörtern sast überladen ist. Man spöttelt, die deutsche Sprache wäre die einzige, die ein eigenes Lexikon ihrer Fremdwörter anzulegen sich genötigt sieht, und das enthält wohl 70000 Nummern. Und da sind alle europäischen Nationen ver- treten; wir finden das russische Droschke neben dem spanischen Man- tille, das italienische Bandit neben dem polnischen Polka und Ma- zurka, das englische Wisth neben dem türkischen Divan. Aber schüttet man bei diesem Spotte nicht das Kind mit dem Bade aus? Das Ubermaß der Fremdwörter, namentlich der französischen, wird mit Recht getadelt; aber sehr ost werden die Fremdwörter uns selbst un- bewußt zu Lehnwörtern, und ebensowenig wie wir die ursprünglichen Lehnwörter ans dem Griechischen und Lateinischen, also alles, was sich aus Kirche, Steinbutt der Häuser und Gartenfrüchte an Gemüse und Obst bezieht, missen möchten, so wird manches Fremdwort auch heute noch in unseren Sprachschatz organisch hineinwachsen, und eine neue Kulturanregung ist damit vollzogen. Ich meine, das ist ein hochbedeutsamer Vorzug unseres Volkes und unserer Sprache, stets aufmerksam und lernbegierig gleichsam auf der Warte zu stehen und das fremde Gute, wo es sich bietet, in uns auszunehmen. Wir unter- scheiden uns dadurch sehr zum Vorteil von den alten Völkern, wo hochmütig eine jede Nation für sich lebte und Eicero z. B. in den Verrinen sich ausdrücklich entschuldigte, als Römer eine solche Kennt- nis der griechischen Kunstaltertümer an den Tag zu legen. Wir Deutsche sind zugleich die Empfangenden und die Gebenden und find darum gewiß vor den übrigen Völkern berufen, die menschliche Kultur- weiter hinauszuführen, bis sie durch immer lein're Jyoniieit, reiu're Töne, durch immer höh're Höh'n und innner schön're Schmie schließlich der Vollendung entgegenreift.
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