1901 -
Glogau
: Flemming
- Autor: Hanncke, Rudolf
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Wir haben unfern Rundgang durch die Staaten Europas be-
endet, und unwillkürlich kehrt unser Blick zurück zu Deutschland, zu
unserem Vaterlande, das wir schon im ersten Teile behandelt haben.
Deutschland liegt in der Mitte Europas, und wir können nur immer
wiederholen, es ist das Herz des Erdteils, zu dem alle Lebensadern
des Verkehrs und der Kultur hinführen und von dem sie umgekehrt
ausstrahlen. Das ist schon in sprachlicher Beziehung deutlich zu
spüren. Unser Vaterland hat in überreichem Maße alle die sremden
Knltnreinflüffe in sich ausgenommen und läßt das auch äußerlich
hervortreten darin, daß es mit Fremdwörtern sast überladen ist. Man
spöttelt, die deutsche Sprache wäre die einzige, die ein eigenes Lexikon
ihrer Fremdwörter anzulegen sich genötigt sieht, und das enthält wohl
70000 Nummern. Und da sind alle europäischen Nationen ver-
treten; wir finden das russische Droschke neben dem spanischen Man-
tille, das italienische Bandit neben dem polnischen Polka und Ma-
zurka, das englische Wisth neben dem türkischen Divan. Aber schüttet
man bei diesem Spotte nicht das Kind mit dem Bade aus? Das
Ubermaß der Fremdwörter, namentlich der französischen, wird mit
Recht getadelt; aber sehr ost werden die Fremdwörter uns selbst un-
bewußt zu Lehnwörtern, und ebensowenig wie wir die ursprünglichen
Lehnwörter ans dem Griechischen und Lateinischen, also alles, was
sich aus Kirche, Steinbutt der Häuser und Gartenfrüchte an Gemüse
und Obst bezieht, missen möchten, so wird manches Fremdwort auch
heute noch in unseren Sprachschatz organisch hineinwachsen, und eine
neue Kulturanregung ist damit vollzogen. Ich meine, das ist ein
hochbedeutsamer Vorzug unseres Volkes und unserer Sprache, stets
aufmerksam und lernbegierig gleichsam auf der Warte zu stehen und
das fremde Gute, wo es sich bietet, in uns auszunehmen. Wir unter-
scheiden uns dadurch sehr zum Vorteil von den alten Völkern, wo
hochmütig eine jede Nation für sich lebte und Eicero z. B. in den
Verrinen sich ausdrücklich entschuldigte, als Römer eine solche Kennt-
nis der griechischen Kunstaltertümer an den Tag zu legen. Wir
Deutsche sind zugleich die Empfangenden und die Gebenden und find
darum gewiß vor den übrigen Völkern berufen, die menschliche Kultur-
weiter hinauszuführen, bis sie
durch immer lein're Jyoniieit, reiu're Töne,
durch immer höh're Höh'n und innner schön're Schmie
schließlich der Vollendung entgegenreift.