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1. Ausgewählte Abschnitte aus Quellenschriften und hervorragenden Geschichtswerken nebst einer Einleitung über Geschichtsquellen - S. 127

1910 - Leipzig : Hirt
20. Popularität Friedrichs des Großen im Alter. 127 Jahrhunderts bezeichnete und dessen Taten, Leiden und Gefahren, dessen königliche und menschliche Worte, dessen angestrengte Arbeiten und heitere Tisch- und Abend* gespräche überall, von meiner Kindheit an, ein unerschöpflicher Stoff der Unterhaltung gewesen waren"; tief ergriffen schaute er jetzt vor sich, „die schon durch so viele Abbildungen bekannten Züge und den durchdringenden Blick"; aber das Bild schien „kaum mehr der Gegenwart anzugehören, so sichtbar waren die Spuren der Hinfälligkeit in dem zusammengesunkenen Körper und der schlaffen Bewegung der Glieder". Wie war nun die Stimmung, die die Fremden in Preußen vorfanden? War der alte König bei seinen Untertanen populär? Als der Schweizer Zimmermann, der bekannte Arzt, 1771 nach Berlin kam, sagte er sich, so viel Böses niemals und nirgends gegen Friedrich den Großen gehört zu haben, wie in Berlin, eine Wahrnehmung, die ihn mit einem Seitenblick auf die Zustände in der Heimat zu der Bemerkung veranlaßte, er habe in Berlin tausendmal mehr Freiheit gefunden, als in der Schweiz und zumal in Bern: „alle Menschen von jedem Stande konnten sagen, was ihnen beliebte, und keinem wird dafür ein Haar-gekrümmt". Eine ganz veränderte Stimmung fand acht Jahre später — der bayrische Erbfolgekrieg lag dazwischen — der Mainzer Georg Förster in Berlin vor. Ihm war es ärgerlich, „daß alles, bis auf die gescheitesten, einsichtsvollsten Leute, den König vergöttert und so närrisch anbetet, daß selbst was schlecht, falsch, unbillig oder wunderlich an ihm ist, schlechterdings als vortrefflich und übermenschlich genannt werden muß". Der Zimmermannsche und der Forftersche Bericht, nebeneinandergehalten, bestätigen die Angaben Friedrich Nicolais über die Wandlungen im Urteil der Berliner über Friedrich. Nach dem „unbeschreiblichen Enthusiasmus", der sich während des Siebenjährigen Krieges „sowohl der Untertanen als selbst weit entfernter Ausländer" bemächtigt hatte, trat in den ersten Friedensjahren, unter dem Druck einer wirtschaftlichen Notlage ein entschiedener Rückschlag ein: man hielt den König, sagt Nicolai, „fast allgemein für einen bloßen Soldaten, dessen Pläne nur auf Krieg gerichtet wären". Dieses Vorurteil sei endlich gewichen, zumal seitdem in der Teuerung und Hungersnot zu Beginn der siebziger Jahre sich die Umsicht und der Nutzen seiner Wirtschaftspolitik offenbart habe: „Aufmerksame Beobachter singen an einzusehen, welche große Wirkungen ununterbrochene Tätigkeit, die mir auf wenige, aber wohlgeordnete Zwecke sich einschränkt, verbunden mit Ordnung und mit unermüdetem Ausdauern hervorbringen kann." Förster hatte in Berlin in Nicolais Kreise verkehrt, in der Gemeinde der Aufklärer. Wäre er nicht bloß mit den freisinnigen Theologen, sondern etwa auch mit dem positiver gerichteten Konsistorialrat Büsching in Berührung gekommen, er würde auch minder lobende Urteile über Friedrich gehört haben. Wie die erklärten Gegner der Berliner Aufklärung dachten, wissen wir aus den Briefen des „Magus im Norden", des Königsberger Akzisesekretärs Hamann. Dem war Berlin das verhaßte „Babel"; er schalt, daß alles ein Leisten, ein Schuh sein solle, Fabriken und Heerdienst, Literatur und Kritik, und von der brandenburgischen Herrschaft über Preußen meinte er: „Es war dem Herzogtum keine solche Schande, von Polen abzuhangen, als es dem Königreich ein Unglück ist, abzuhangen von der Politik der Chaldäer im deutschen Reiche." Minder fanatisch, aber hinreichend offenherzig äußerte sich Wieland: „König Friedrich ist zwar ein großer Mann, aber vor dem Glück, unter seinem Stocke sive Zepter zu leben, bewahre uns der liebe Herrgott."
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