1873 -
Freiburg im Breisgau [u.a.]
: Herder
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Aegypten. §. 42. 59
Zustrom in dem (250 M. langen) weitern Laufe bis zu seiner
Mündung aufzunehmen — in dieser Beziehung keinem andern
großen Wassersysteme der Erde vergleichbar.
In seinem untern Laufe durchströmt der nun schiffbare
Fluß in majestätischer Ruhe und vorherrschend nördlicher Richtung
als eiu fruchtbringendes Gewässer das regenlose Aegypten in einer
einzigen, (150 M.) langen, (2—3 M.) breiten Felsenspalte zwischen
der libyschen und der arabischen Bergkette. Das von
diesen beiden vegetationsleeren Bergketten eingeschlossene, nach N.
sich erweiternde Thal verdankt seine Fruchtbarkeit dem Schlamm,
den die jährlichen Überschwemmungen des Nils zurücklassen.
Diese treten gerade in denjenigen Monaten ein, in welchen die
europäischen Flüsse gewöhnlich ihren geringsten Wasserstand haben
(Ende Juni bis Ende September).
Schon im Mittlern und untern Nubien, noch mehr aber in Ober-
ägypten, hat sich eine fast ununterbrochene Reihe von Denkmalen
der altägyptischen Baukunst erhalten, die ebensowohl durch ihre Menge
und Großartigkeit, als durch ihre prachtvolle Ausschmückung mit Bild-
werken und bedeutungsvollen Hieroglyphen, sowie durch ihr drei- bis
viertausendjähriges Alter den ersten Rang unter allen bekannten Ruinen
der Erde einnehmen. Die alte Königsstadt Theben, „die Stadt von
Palästen und Tempeln, voll Schätze über und unter der Erde", ist
reicher als irgend eine an den großartigsten Denkmalen der ältesten
Baukunst, deren Ueberbleibsel noch heute die ganze Breite (2 M.) des
Thales ausfüllen. Nur die Ruinen von Palmyra und Baalbeck in
Syrien lassen sich einigermaßen mit diesen vergleichen. Weiter abwärts
erheben sich, am Fuße der libyschen Kette, die Pyramiden, viereckige,
oben spitz zulaufende, oft auch in eine platte Fläche endigende Gebände
aus Kalkstein (einige aus Ziegeln), vou sehr verschiedener (senkrechter)
Höhe (6—149 m.), äußerlich mit Quadern bekleidet; sie haben zu
Begräbnissen der Könige der frühesten Zeit gedient. Oberhalb der
Spaltung des Nils liegt Kairo (313,000 E.), die größte Stadt
Afrikas, die zweite.des türkischeu Reiches (zunächst nach Eonstantinopel),
der Centralpnnkt des Handels von Nord- und Eentral-Afrika, zugleich
die Residenz des Vicekönigs von Aegypten.
Unterhalb Kairo erweitert sich das Thal auf einmal bedeutend,
indem die beiden Bergketten sich weiter auseinander trennen. Die
libysche Bergkette verflacht sich gegen N.-W. in die libysche Wüste, die
arabische wendet sich fast rechtwinklig gegen Snez hin. Hier beginnt
der Nil seine Deltabildung, indem er sich jetzt in zwei Hauptarme
theilt, wovon der nordwestliche bei Rosette, der nordöstliche, wasserreichere
bei Damiette (60,000 E.) sich ins Mittelmeer ergießt.
In Unterägypten wurde durch Vernachlässigung des Eanalbaues
ein Theil des einst fruchtbaren Landes wieder in Sümpfe, ein anderer
in Sand verwandelt. Dem jüngst von Neuem begonnenen Canalban
und der Eisenbahn über Kairo nach Suez verdankt Alexandria (auf
der Nehrung des Sees Mareotis) sein Wiederaufblühen (238,000 E.?).