1910 -
Leipzig
: Warting
- Autor: Langenbeck, Rudolf
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Realschule, Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Welt
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
§ ^03. Die Bevölkerung Europas.
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Gerste, Roggen, Erbse, Linse, Walnuß, Mandel haben hier ihre Heimat; der Hafer
wahrscheinlich in Süd-Rußland. Unsere sämtlichen übrigen Kulturpflanzen sind aus
anderen Erdteilen, vorzugsweise aus Asien durch den Menschen nach Europa gebracht.
Kein Erdteil hat durch die Einwirkung des Menschen eine solch durchgreifende Ver-
ändernng seines Pflanzenkleides erlitten wie Europa. Aber die eingeführten Pflanzen
Habensich in der neuen Umgebung nicht nur zu behaupten vermocht, sondern sie haben
sich hier vielfach ganz besonders günstig entwickelt (Wein, Hopfen). Auch die meisten
unserer Haustiere, vielleicht mit alleiniger Ausnahme des Pferdes, waren in Europa
ursprünglich nicht heimisch, sondern sind mit dem Menschen hierher gelangt.
Durch seine Lage und physische Beschaffenheit erscheint Europa als
besonders geeigneter Boden für eine hohe Entwicklung menschlicher Kultur.
Drei Umstände sind es vor allem, welche in hohem Maße fördernd auf die
Kulturentwicklung eingewirkt haben: 1. Die Lage Europas iu der Mitte
der Land-Halbkugel der Erde. 2. Die große Zugänglichkeit und Wegsamkeit des
Erdteilz, die bedingt ist durch die reiche horizontale Gliederung, die eigen-
artige Ausbildung der Flußsysteme und das Fehlen trennender Plateau-
und Wüstenlandschaften. 3. Das gemäßigte und im wesentlichen gleichartige
Klima des Erdteils.
Es fehlt Europa freilich der üppige Reichtum der Tropenländer, der den Menschen
fast ohne eigenes Zutun das zum Leben Erforderliche in den Schoß wirft. Aber es
fehlen andererseits auch fast gänzlich wirklich unkultiviertere Gebiete. Der Boden
Europas erfordert überall angestrengte Arbeit, gewährt dann aber auch reichen Lohn
für die aufgewandte Mühe. Europa bewahrt seine Bewohner vor Erschlaffung, zwingt
sie zu vielseitiger und unablässiger Arbeit und regt sie dadurch zur Entfaltung aller
ihrer geistigen Kräfte an. Mit Asien und Afrika auf das innigste verknüpft, vermochte
Europa es ferner frühzeitig die Kulturpflanzen und Haustiere dieser beiden Erdteile
auf seinem Boden heimisch zu machen. Auch blieben seine Bewohner mit den Kultur-
Völkern des Orients stets in lebendiger Beziehung, wußten sich deren geistige Errungen-
schaften anzueignen und weiterzubilden. Aber auch dem amerikanischen Kontinent
ist Europa näher gerückt als irgend ein anderer Erdteil. Nachdem erst einmal der Ozean
durchquert war, konnten sich rasch vielfältige Beziehungen zu der neuen Welt an-
knüpfen. Die Zugänglichkeit und Wegsamkeit Europas förderte ferner den Verkehr
der europäischen Völker untereinander, führte frühzeitig zu einem lebhaften Austausch
der Erzeugnisse ihrer Länder und ihres Gewerbfleißes, ihrer Errungenschaften auf
dem Gebiete von Kunst und Wissenschaft. Die Gleichmäßigkeit des europäischen Klimas
endlich, das zwar erhebliche Unterschiede, aber keine absoluten Gegensätze zeigt, machte
die Entwicklung einer im wesentlichen gleichartigen Kultur möglich.
Es wäre aber ein Irrtum, die hohe Kultur Europas allein auf die Naturver-
hältnisse des Erdteils zurückzuführen zu wollen. Die umgebende Natur vermag den
Menschen vielfach zu fördern und zu hemmen, aber allein bestimmend für dessen Ent-
Wickelung ist sie nicht. Auf dem nächst Europa für eine hohe Kulturentwickelung
wohl geeignetsten Boden, in Nord-Amerika, das, von Europäern besiedelt, jetzt mit
dem Mutterlande auf allen Gebieten in den lebhaftesten Wettbewerb getreten
ist, haben die Urbewohner, die Indianer, es doch nie über ein umherschweifendes Jäger-
leben hinausgebracht. Was Europa geworden ist, ist es nur durch die kraftvolle, begabte,,
jeder Kulturentwickelung fähige indogermanische Rasse geworden.
§ 103. D i e Bevölkerung Europas.
Die überwiegende Mehrheit der jetzigen Bevölkerung Europas gehört
dem Indogermanischen Sprachstamme au.
Die Jndogermanen oder Arier waren ursprünglich eine blondhaarige, blau-
äugige und langköpfige Rasse von bedeutender Körpergröße. Ihre Urheimat steht
noch nicht fest, doch ist sie wahrscheinlich im mittleren Asien zu suchen. Von dort haben
sie wohl eine Anzahl von Kulturpflanzen und Haustieren mit nach Europa gebracht.
Den Rassen, die schon vor ihnen jedenfalls den Süden, Westen und die Mitte Europas
bevölkerten, waren sie sicher an Kultur überlegen, da sie ihnen ihre Sprache auf-