1914 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Seydlitz, Ernst von, Dilling, Gustav, Lütgens, Rudolf
- Auflagennummer (WdK): 7
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Hamburg
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
52 Ortsbeschreibung d. inneren Stadt (Alt- u. Neustadt), St. Georgs u, St. Paulis. § 12.
dieser Seite verdeckt. Wenig nördlich vom Millerntor lag innerhalb der
ehemaligen Bastion Henricus die Sternwarte und vor derselben das einfache
Repsold-Denkmal.
Die Sternwarte wurde im Jahre 1801 ursprünglich auf der Bastion Albertus
(der heutigen Elbhöhe) durch den Oberspritzenmeister I. (B. Repsold (1830 bei einem
Feuer verunglückt! zugleich Begründer eines Institutes zur Anfertigung astronomischer
und geodätischer Instrumente) aus eigenen Mitteln angelegt. Das spätere Gebäude
ist 1826 — 28 errichtet, die Sternwarte selbst 1833 als Staatsanstalt übernommen
worden. — Durch elektrische Auslösung, welche von der Normaluhr der Sternwarte
aus gegeben wird, fällt genau am Greenwicher Mittag (12h39m 54s Hamburger oder
1 Uhr Mitteleuropäischer Zeit) der Ieitball auf dem Turme des Kaispeichers,
um den Führern der im Hafen liegenden Schiffe eine Kontrolle ihrer Chronometer zu
ermöglichen. Auch an anderen Stellen der Häfen werden neuerdings Ieitsignale
gegeben. — Da die Lage der Sternwarte für astronomische Beobachtungen immer
ungünstiger geworden ist, so wurde sie 1911 nach Bergedorf verlegt. Aus dem
Platze wird ein Museumsbau errichtet.
Der südliche Teil der Neustadt zerfällt in einen nördlichen
hoch- und einen südlichen tiefgelegenen Teil. In dem letzteren ist die Ab-
wesenheit eines Fleetsystems, wie es der südliche Teil der Altstadt besitzt,
bemerkenswert- nur die Fortsetzung des S. 50 geschilderten Alsterabflusses in
seinem Verlaufe zwischen Admiralitätstraße und Herrengraben gehört hierher.
Derselbe wird von der Michaelis-, der Pulverturm-, der Schaarsteinweg-
und der Roosenbrücke überschritten und mündet unter der letztgenannten in
den Niederhafen. Der ziemlich steile Abfall der Geesthöhe macht sich namentlich
in mehreren süd- und südostwärts gerichteten Straßen bemerklich, so am Kuh-
berg und der Zeughausstraße, der Iakobstraße, dem Hohlenweg, dem Teilfeld
und dem Sägerplatz. Auffallend unregelmäßige Anbauverhältnisse zeigte bis
vor kurzem die östliche und südöstliche Umgebung der Großen St. Mi-
chaeliskirche1. Diese am 3. Juli 1906 durch Feuer zerstörte, aber in
ihrer früheren charakteristischen Gestalt wiedererstandene Kirche bildet den
Mittelpunkt der südlichen Neustadt- zu ihr als Hauptkirche ist der größte Teil
der Neustadt eingepfarrt. Neben dem Portal steht jetzt das Lutherdenkmal.
Wenig östlich von ihr liegt die Kleine St. Michaeliskirche, etwa gleich-
zeitig mit jener erbaut, 1811 während der französischen Herrschaft für den
Gottesdienst der katholischen Gemeinde bestimmt und dieser 1824 endgültig
eingeräumt. Zum Teil aus dem Ertrage einer im Lutherjahre 1883 ver-
anstalteten Sammlung ist als Filialkirche der Großen St. Michaeliskirche die
zugleich den Zwecken der Seemanns-Mission dienende hübsche Lutherkirche
an der Rambachstraße erbaut und am 13. März 1906 eingeweiht worden.
1 Sie ist die höchstgelegene Kirche der Stadt; der eigenartig ausgebildete, in ge-
wissem Sinne ein Wahrzeichen Hamburgs vorstellende, 131,50 m hohe Turm war bis
zur Vollendung des Turmes der Nikolaikirche der höchste in Hamburg. Die Kirche,
deren Bau 1751 an der Stelle der im Jahre zuvor durch einen Blitzstrahl eingeäscherten
St. Salvatorkirche (so hieß ursprünglich die Gr. Michaeliskirche) begonnen und 1762
vollendet wurde, zeigt zwar im Äußeren ein Querschiff, stellt sich jedoch im Inneren
völlig als Zentralbau dar, dessen Formengebung dem Rokokostile entlehnt ist. Die
sehr weite Spannung des von nur vier Pfeilern getragenen Deckengewölbes der
Kirche hat ihr berühmter Erbauer, E. G. Sonnin (gest. 1794), durch Holzkonslruktion
überwunden. In dem Innenraume des Turmes sind 1801-03 Benzenbergs Versuche
über die Gesetze des freien Falles, den Widerstand der Luft und die östliche Ab-
weichung frei herabfallender Körper angestellt worden.