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1. Theil 1 - S. 221

1875 - Leipzig : Brandstetter
221 sie fast ganz nördlich in's Waadtland und rauscht eng zusamniengezwängt durch das riesige Felsenchor, das die vent de Mordes mit der gegen- überstehenden Vent du Midi (Mittagshorn) bildet. Die Ebene, welche die Rhone nun von der Walliser Grenze bis zu ihrer Mündung in den See durchfließt, ist 6 Stunden lang und von ungleicher Breire. Je nach den Windungen der Berge rückt sie bald vor und tritt bald zurück, trifft hier auf Marmorfelsen, dort auf Weinberge und Kastanienwälder. Auf mitt- lerer Bergeshöhe erscheinen und verschwinden zahlreiche Dörfer, über diese erheben sich dunkle Wälder, dann grüne Weiden und einzelne Sennhütten. Auf der Walliser Seite kann sich das Auge nicht satt sehen an der schönen Form und der Großartigkeit der Gebirge, an der Anmuth ihrer Krüm- mungen und an der Fruchtbarkeit ihrer vom schönsten Baumwuchse be- schatteten Abhänge; hier an der auf einer Halde ruhenden Kapelle, dort am geheimnisvollen Thale, und überall an dem Reichthum und der Far- benpracht der Natur. Es scheinen die Alpen einen Gefallen daran gefunden zu haben, dem majestätischen Strome ein würdiges Bette zu bereiten, und bei seiner Annäherung zum See schmücken sie sich vollends, gleichsam um seine Ankunft zu feiern, mit neuer Pracht und Größe. In zwei Arme getheilt wälzt sich die Rhone durch die breiter gewordene Ebene fort und ergießt endlich ihre brausenden und schlammigen Fluchen in den Leman*), der zurückweicht, als hätte er Furcht, daß bei diesem Zusammentreffen der tief - blaue Krystall seines Gewässers befleckt werden möchte. Doch wider- steht er, und es kommt zwischen ihnen zum Kampf. Der schäumende Strom und der blaue See werden handgemein, und eilt der Nordwind dem Leman zu Hülfe, so fahren die Wellen enlpor und stürzen von vorn und von der Seite auf den feindlichen Strom, setzen ihm hart zu und treiben ihn in die Enge. Man glaubt zwei kämpfenden Heeren zu begegnen; darum haben die Uferbewohner diesem Streite auch den Namen „In bataillère“ beigelegt. Fährt ein Nachen über die wogende Fläche, so verspürt er an den heftigen Stößen den Zorn der Fluchen. Noch eine Viertelstunde weit vom Ufer ist der Aufruhr fühlbar. Endlich ergiebt sich der Strom in die Nothwendigkeit, in das blaue Grab hinabzusteigen, aus dem er 20 Stun- den weiter unten reiner und schöner wieder hervortritt. Der See bespült den Fuß des Jura und der Alpen, das Savoyer- land und den Schweizer - Canton Waadt; sein Heller Halbmond biegt sich von Genf nach Neustadt (Villeneuve). Von der geringen Breite bei Genf erweitert er sich zu der ansehnlichen zwischen Evian und St. Sulpice von 3 Stunden. Am nördlichen Ufer mißt seine Länge 19 Schweizer Stun- den, am südlichen (französischen) Ufer 15 Schweizer Stunden. Der Flächen- inhalt beträgt ll1j2 geogr. Q. - Meilen, also 2 Q. - Meilen mehr als der *) Der Waadtländer nennt, mit einem gewissen Stolze, den See, von dem er den größten Theil des Ufers besitzt, nicht Genfersee, sondern Leman — Lacus Le- manus der Römer, im Mittelalter Lac Losannete, Mer du Khone (Rhone-Meer), jetzt Lac de Genève (Genfersee).
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