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1. Theil 1 - S. 603

1875 - Leipzig : Brandstetter
603 Unter den Bewegungen sind die horizontalen Schwingungen die häu- figsten; sie bringen bei der leichten Bauart der Wohnungen am wenigsten Schaden. Verticale (senkrechte) Stöße sind meistens heftig, sie reißen die Wände und heben die Gebäude aus ihren Fundamenten. Den heftigsten vertiealen Stoß fühlte ich am 4. Juli 1830 Abends 7ffz Uhr in den Ur- wäldern des Chanchamayo-Gebietes. Bor meiner Hütte lag ein großer ungeheurer Baumstamm, der mit seinem untern Ende aus dem Wurzel- stocke auflag; ich war gegen den Stamm gelehnt und las, als plötzlich mit einem mächtigen Rucke der Stanem etwa anderthalb Fuß aufgeworfen und ich rücklings über denselben weggeschleudert wurde. Durch den nämlichen Stoß wurde der nahe gelegene Fluß Aynamayo aus seinem Bette gehoben und änderte in langer Strecke seinen Laust Häufig fühlte ich in Lima eine Art rotatorische (drehende) Erschütte- rung. Sie besteht weder in einem Schwanken, noch in einem Stoßen, sondern in einem raschen, heftigen Zittern, ähnlich dem, das hervorgebracht wird, wenn man Jemanden an den Schultern faßt und ihn rasch schüttelt, oder besser dem Beben, das man an Bord eines Schiffes in den: Augen- blicke fühlt, wenn der Anker aus den Boden aufschlägt. Ich glaube, es sind sehr kurze und unregelmäßige horizontale Schwingungen, deren Unregelmäßigkeit sie eben gefährlich macht. Ganz schwache Erdbeben dieser Art reißen die Balken aus ihren Fugen und stürzen Dächer ein, lassen aber die Seitenwünde unversehrt, die sonst am ersten und meisten leiden. Lufterscheinungen sind häufige, aber nicht untrügliche Borboten von Erdbeben. Schwüle Lust, lichte, schmale, hohe Wolkenstreisen, ein düsterer, schwärzlich gefärbter Horizont geben immer Befürchtungen Raum, die mei- stens in Erfüllung gehen. Bor dem schrecklichen Erdbeben von 1746 sah man mehrere Nächte hindurch zwischen Lima und Callao feurige Dänipfe aufsteigen, welche die Erde aushauchte. Biele Menschen haben eine Vorahnung von einem bevorstehenden Erdbeben. Sie empfinden ein unnennbares Gefühl von Angst und Un- ruhe, ein Zusammenpressen auf der Brust, als lägen centnerschwere Lasten auf ihr, eine fruchtlose Anstrengung, diese Last abzuwerfen, einen momen- tanen Schauer, der den ganzen Körper durchläuft, oder ein plötzliches Zittern an allen Gliedern. Ich habe selbst ähnliche Einpfindungen zu verschiedenen Malen an mir selbst wahrgenommen, und kann versichern, daß es wohl kaum eine peinlichere Stimmung als diese giebt. Die Lufterscheinungen während und nach dem Erdbeben sind sehr verschieden; meistens ist die Atmosphäre ganz ruhig, zuweilen aber stür- misch bewegt. In Gegenden, wo es nie regnet, treten oft nach Erdstößen anhaltende Regentage ein. Sehr merkwürdig ist auch die Wirkung auf die Fruchtbarkeit des Bodens. Vielfältige Beobachtungen haben gezeigt, wie nach sehr heftigen Erschütterungen üppige Felder verödeten und meh- rere Jahre lang nichts tragen wollten.
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