1875 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August W.
- Auflagennummer (WdK): 10
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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Geleitsrecht auf den Heerstraßen und die Rechtspflege in der Stadt dem
Reichsschultheiß, der aber nur unter dem Beirath von Schöffen urtheilen
durfte, übertrug. Auch die 1330 erfolgte Erwerbung des Schultheißen-
amtes, das inzwischen aus Geldmangel dem Burggrafen verpfändet
worden war, durch den Bürger Konrad Groß, der sich auch den Bann
und Zoll verschreiben ließ, ja sogar der Ankauf des Burggrafen-
schlosses durch die Stadt (1427) vermochten den Räubereien kein Ende
zu setzen; denn die Burggrafen, jetzt auch Markgrafen von Brandenburg,
hatten wohl ihre Rechte, nie aber ihre Ansprüche aufgegeben. Besonders
blutig und verheerend war der Krieg gegen Albrecht Achilles (1449
und 50), mit dem 17 Fürsten, 15 Bischöfe und der größte Theil des
fränkischen Adels verbunden waren. Außerdem hatte sich die Stadt
fortwährend der Angriffe des räuberischen Landadels zu erwehren,
der an ihren Grenzen zahlreiche Burgen besaß. Am verwegensten trieb
es Ritter Eppelein von Gailingen, der fast fünfzig Jahre lang der
Schrecken und Plaggeist der fränkischen Städte war, aber zuletzt doch
auf dem Rabenstein für seine Frevelthaten büßte. Die Sage, die ihn
vielfach verherrlicht und zum Grundtypus eines Raubritters gestempelt
hat, meldet auch, daß er einmal, bereits zum Tode verurtheilt, nur
durch einen tollkühnen Sprung über den Nürnberger Stadtgraben sich
rettete und seine Feinde damit neckte, daß er ihnen zurief: „Die Nürn-
berger hängen keinen, sie hätten ihn denn zuvor."
Auch im Innern der Stadt ging es nicht ohne blutige Kämpfe ab.
Die Geschlechter hatten sich nach und nach in den Alleinbesitz der Raths-
fähigkeit gesetzt, wodurch den übrigen Bürgern und den Gewerken, die
bereits im 14. Jahrhundert zu hoher Blüthe gelangt waren, die Theil-
nähme an der Regierung gänzlich entzogen war. Dies erregte deren
Unzufriedenheit, und so kam es 1348 zu einem blutigen Ausstande,
durch welchen der Rath vertrieben und eine neue, demokratische Regierung
eingesetzt wurde. Da sich aber diese als gänzlich unfähig erwies, so
gelang es bald, das alte Regiment wieder herzustellen. Alle diese
Kämpfe trugen nur dazu bei, daß das Gemeindewesen sich immer kräf-
tiger consolidirte; sie schützten vor der bei dem zunehmenden Reichthum
sonst unausbleiblicher Verweichlichung und Ueberhebung. und verliehen
der Stadt als der mächtigsten im Schwäbischen Bunde auch nach außen
immer größeres Ansehen, ihrer Stimme in Reichsangelegenheiten immer
mehr Gewicht Gegen die Markgrafen und deren Genossen schützte
sie sich durch starke Mauern mit festen Thürmen; zum Schutze ihres
Handels hielt sie ein ansehnliches Heer, und den inneren Frieden sicherte
sie durch Aufnahme von acht Gewählten aus den Gewerken in den Rath.
So ging Nürnberg einer Blüthe- und Glanzperiode entgegen, wie
sie wenigen Städten unseres Vaterlandes beschieden war. Sein Handel
hatte im 15. Jahrh. die größte damals denkbare Ausdehnung gewonnen.
Begünstigt durch seine geographische Lage an der von Süden nach