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1. Charakterbilder deutschen Landes und Lebens für Schule und Haus - S. 394

1875 - Leipzig : Brandstetter
394 dann ward er zu verschiedenen Zeiten unterbrochen und wieder aufgenom- men und erst zwischen 1496 und 1519 der Hauptmasse nach vollendet —; die soliden, dicken, aus der Tiefe emporstrebenden Umfassungsmauern er- regen unsere Bewunderung, das Labyrinth von Treppen und Brustwehren, von Thürmen und Gewölben versetzt uns ganz in die rauflustige Zeit des Mittelalters. Die Schloßkapelle enthält, aus rothem Marmor gehauen, die Statuen der 12 Apostel und die Fahne, womit Maria Theresia bei Beginn des schleichen Krieges hülfebittend unter die Ungarn trat. Wir lassen uns dann die drei fürstbischöflichen Zimmer, welche Erzherzog Jo- Hann in altem, doch immer noch bescheidenem Glänze wieder herstellen ließ, zeigen und bewundern den schönen Ofen im Rittersaal, an dem jede Kachel eine plastisch ausgeführte Szene darstellt; dann aber eilen wir in froher Erwartung auf den Feuerthurm, die höchste Spitze der Festung, und stehen wie geblendet vor dem wunderherrlichen Panorama, das sich nun vor uns ausbreitet. Wir sind 400 Fuß über dem Domplatz, dessen Kirche und Kuppel sammt den Thürmen sich vor uns sehr bescheiden erniedrigt haben. Der Blick in das Salzachthal hinauf, aus dem zunächst Schloß Hellbrunn uns entgegenglänzt, dann der Dürrenberg über Hallein, ist und bleibt auch hier oben der Glanzpunkt; die hellen Kalkwände des wie eine Niesen- schlänge sich ausstreckenden Tännengebirges (dessen höchste Spitze der Raucheck 7476'), aus dessen finsteren Schluchten noch Schneemassen schim- mern, welche der Julisonne Trotz bieten, und gegenüber der hohe Göll mit seinen grünen Voralpen, aus welchem furchtbar schön die Schroffen in kühnem Schwung emporstarren — sie sind die gewaltigen Herrscher des Gemäldes, welche den Blick gefangen nehmen. Dieses nackte bleiche, grauweiße und grauschwärzliche Kalkgestein — wie wird es lebendig im Licht der Sonne, das darüber hinspielt, Abends und Morgens seinen Gold- glänz darüber ergießt und alle Tage immer neue Schönheiten dieser starren Massen offenbart! Da oben gras't kein Hausthier, keine Sennhütte und keine Alpwiese ist zu finden, nur die flüchtige leichtfüßige Gemse darf es wagen, das spärliche Gras aus den Felsspalten zu äsen. Aber das ist's eben, was die Hochalpen so schön macht, daß sie uns die feste Erdrinde zeigen, die noch nicht vom Pflug des Ackerbauers zerrissen ist, daß sie uns in ein Gebiet versetzen, in welchem die Menschenarbeit mit ihren Sorgen und Aengsten, das Menschenleben mit seinen Täuschungen und Verkehrtheiten gar nichts gilt. — Es war spät geworden, als ich vom Schloßberge herabstieg, und ich verschob den Besuch des Kapuzinerberges auf einen folgenden Tag. Auch im Genuß des Schönsten gilt es Maaß zu halten. Nicht immer freilich ist die Gelegenheit günstig, denn das schöne Salzburg ist nicht blos berühmt, sondern auch berüchtigt — wegen seiner vielen Regentage. Tegernsee, Salzburg und der Salzberg bei Hall, der letztere ganz vorzüglich, scheinen Lieblinge des Regengottes zu sein, der am ganzen Nordabfall des Gebirges eifrig arbeitet. Doch das Wetter blieb schön und so sreuete ich mich nicht
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