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1. Theil 2 - S. 320

1875 - Leipzig : Brandstetter
320 Geschlechter hindurch verfolgen. Der künstlerische Charakter der uralten Hieroglyphen ist in fester, gesunder Derbheit und Wahrheit sehr eigen- thümlich ausgesprochen, und sehr bald sowohl von der Blüchezeit der Thutmosis und Sesostriden, als von der Eleganz der Psammetiche zu un- terscheiden. Aus ersterer finden sich hier nur einzelne verlorene Spuren; die große Sphinx, deren Jnschrifttasel wir zum ersten Mal genau haben, ist bekanntlich von einem Thutmosis; aus der Zeit der Psammetiche aber, ungefähr 700 Jahre vor Christus, hat sich eine ganze Gräbergruppe zwischen die vielleicht schon damals sehr zerstörten Bauten der urältesten Zeit eingenistet. Aber keine Karte, keine Worte, keine Bilder können Ihnen den Ein- druck dieser Stätte der Herrschaft des Todes geben. Mit den Pyramiden geht es wie mit dem Colosseum von Rom, das Auge oder die Seele kann den Eindruck ihrer Größe nicht sesthalten, und man wundert sich immer von Neuem darüber, wenn man den Blick wieder daraus richtet. Die ungeheure riesenhafte Masse ist in die einfachsten geometrischen Formen eingegrenzt; sie wirkt ganz als Masse und ist doch auch durch die Form vollkommen beherrscht, darum erdrückt sie nicht mehr; der Geist hat ihr schon sein Siegel ausgeprägt. Interessant ist es mir, bei diesem Anblick unserer germanischen Baukunst zu gedenken, deren vollkommenstes Meister- werk, den Kölner Dom, ich noch vor Kurzem in all seiner Pracht gesehen, und dessen Eindruck mir daher so lebendig vor Augen steht. Da hat der Geist sich in einen Kampf mit der Masse eingelassen und hat sie über- wunden — ähnlich wie sie im Organismus überwunden ist durch das Le- bensprincip, und zuletzt mit freiem heitern Spiel der Willkür über der ursprünglichen Gesetzmäßigkeit schwebend, entfaltet sich dort jene Linie in immer neue Blüthen und Glieder; die einfache, zu Grunde liegende ma- thematische Linie ist wie durch einen reichen Schleier verhüllt, wie mit den freien schwellenden Formen des Lebens umkleidet. Hier dagegen kommt Alles darauf an, daß die einfache mathematische Linie in der Masse selbst sich ganz und klar dem Auge entgegenstelle und sich der Seele un- gestört in ihrer herrschenden Gesetzmäßigkeit aufdränge. Sie bringt da- durch einen Ungeheuern, aber erhebenden Eindruck hervor. Die zweite Pyramide, die Chephren (Schafra der Hieroglyphen) erbaute, liegt etwas höher als die größte; auch ist an der Spitze ein Stück der Bekleidung erhalten, welches sie jetzt über die größere hervorragend macht. Dieser glatten Bekleidung wegen ist aber die höchste Spitze fast unzugänglich; doch sind Lepsius und Bonami oben gewesen; wir Andern drangen nur bis unter die Bekleidung vor, was leicht ist. Ein Panorama von der Spitze, gerade im Mittelpunkt des Ganzen, ist eine der interessantesten unter der Masse von Zeichnungen, die wir von diesem wenig durchforsch- ten Feld mitbringen. Auch eine Anzahl Gypsabgüsse der bedeutendsten Sachen hoffen wir unserm Museum zu gewinnen. In dieser großartigen Umgebung haben wir nun unsere Weihnacht
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