1913 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Oehlmann, Ernst, Seydlitz, Ernst von
- Auflagennummer (WdK): 4
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1889
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Realienbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Braunschweig, Hannover
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Niedersachsen
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
3. Das Ostfälische ober Leine-Bergland.
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Kreiensen, braunschweigisch, Kreuzungspunkt der Bahnen Hannover-Cassel und
Magdeburg - Holzminden-Cöln. — Gandersheim (3), braunschweigische Stadt im
tiefen Tale der Bande, durch das die Bahn von Kreiensen nach Seesen führt- ehemals
Abtei mit dem berühmten Nonnenkloster, das 881 vom Herzog Otto dem Erlauchten
aus dem noch älteren Brunshausen hierher verlegt wurde und in dem Roswitha ihre
lateinischen Epen und Schauspiele dichtete. Die schöne romanische Stiftskirche stammt
aus dem 12. Iahrh.
c) Nördlich von der Straße, die von Groß- und Klein-Freden nach Lam-
springe (Ursprung der Lamme) führt, der Sackwald mit den Trümmern der
Winzenburg, d. i. vielleicht Winfriedsburg, und als Fortsetzung derselben Kette
nördlich von Alfeld die nach N umbiegenden Sieben Berge.
In Freden und Lamspringe blüht die Glasfabrikation und -schleiferei (Spiegel-
glas). In Lamspringe ein ehemaliges großes Benediktinerinnen-Kloster. Die Gruppe
der Sieben Berge bildet ein Kreidehochland, dessen durch Ausnagung ausgezackte
Ränder sieben Einzelberge gegen das Leinetal vorschieben. Diese „Sieben Brüder"
stellen, in eine Reihe geordnet und oben abgeplattet, das wirkungsvollste Bergstück des
Leinelandes dar. Der höchste ist mit 394 m der Tafelberg. Vor ihnen in anmutiger
Lage Alfeld (6). Das Rathaus in der Renaissance-Bauweise ^ wurde im 16. Iahrh.
vollendet. Große Papierfabrik, die weitbekannte Reichesche Tierhandlung.
d) Nordöstlich davon mehrere nordöstlich streichende Bergzüge, die unter
dem Namen Hildesheimer Berge zusammengefaßt werden.
Dieses bunt gewürfelte Bergland wird entwässert durch die Innerste, die an
seinem nordwestlichen Ende bei Sarstedt in die Leine mündet. Seine verschlungenen
Ketten umschließen manchen Talgau, dessen Lehmboden sich höchster Fruchtbarkeit
rühmen kann. In einem dieser Talkessel beim braunschweigischen Flecken Lutter
am Barenberge, wurde 1626 das Heer Christians Iv. von Dänemark von Tilly
ereilt und, durch die Engpässe gehemmt, fast vernichtet. — Die Leine verläßt das Berg-
land beim Bahnknotenpunkte Nordstemmen in einer Landschaft, die geziert wird
durch das unter Georg V. auf dem Schulenburger Berge links des Flusses erbaute
gotische Schloß Marienburg. Etwas oberhalb links des Flusses Elze; 796 von Karl d. Gr
zum Sitze eines Bistums ausersehen, mußte es bald vor Hildesheim zurücktreten.
Dort zweigt die Bahn durch die Coppenbrügge? Senke nach Hameln ab.
Im No wird das Hildesheimer Bergland wallartig gegen das Tiefland
abgeschlossen durch eine lange Kette, die aus der Nähe von Goslar über die Senke
von Salzgitter und südlich an Hildesheim vorüber bis fast nach Sarstedt läuft.
Hildesheim (50), von Ludwig dem Frommen im Anfange des 9. Iahrh. zum
Sitz eines Bischofs erhoben, ist noch jetzt Hauptort des gleichnamigen Sprengeis; die
Bewohner der Stadt sind jedoch überwiegend evangelisch. Durch kunstsinnige Bischöfe,
namentlich den heiligen Bernward (993—1622), wurde Hildesheim mit einer Fülle
der schönsten romanischen Kirchen ausgestattet, dazu gehören die Godehardi- und die
Michaeliskirche und der Dom mit der Christus- und der (unechten) Irmensäule und
dem „1666jährigen" Rosenstocke. Bon der Blüte des Bürgertums im 15. und 16. Iahrh.
zeugen das Rathaus 2 und zahlreiche wohlerhaltene Privathäuser, die in der Renaissance-
Bauweise aus Holz erbaut sind, darunter ist das (frühere) Knochenhauer-Amthaus
1 Diese lehnt sich an die Bauweise des klassischen Altertums an. Sie blühte
namentlich im 16. Iahrh. nach der gotischen zur Zeit der „Wiedergeburt" (Renaissance)
durch Künste und Wissenschaften. Bor den Spitzbogen des gotischen Stils (s. S. 73)
herrschte der Rundbogen des romanischen (s. S. 72 und 74).
2 Siehe Bilderanhang S. 75.