1913 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Oehlmann, Ernst, Seydlitz, Ernst von
- Auflagennummer (WdK): 4
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1889
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Realienbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Braunschweig, Hannover
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Niedersachsen
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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Ii. Landschaftskunde.
Grotenburg (386 m), bei Detmold, die Stätte der Hermannsschlacht und der leuto-
burgiensis saltus1 des Tacitus gefunden sein sollte. Der Name hat sich aber nun
einmal eingebürgert, und so wäre es wohl das einfachste, die ganze südliche Kette mit
ihm zu belegen und die ganze nördliche als Weserkette zu bezeichnen. — Der Osning
besteht aus zwei bis drei nebeneinander laufenden Ketten und besitzt Längstäler, die
dem Süntel fehlen. Beide sind sonst gleichartig durch die Faltung der Erdrinde gegen-
einander gepreßt, und zwischen ihnen sind im Westen durch den Druck sogar Schichten
der ältesten Steinkohle zutage gehoben.
Das malerische Durchbruchstal der Weser durch das Mittelgebirge reicht von
Münden bis Minden, bei dem der Strom ins Tiefland tritt. Glanzpunkte landschaft-
licher Schönheit sind der Kessel von Münden, Carlshafen (Hessen), Höxter-Corvey
(Westfalen), Holzminden, Polle, Bodenwerder, vor allem Hameln, die Aussichtspunkte
der Weserkette (Hohenstein, Paschenburg, Schaumburg usw.), Vlotho (Westfalen), endlich
die Westfälische Pforte, breit hineingeschnitten in den Süntel. Dicht schmiegt sich hier
die Weser an den Iakobsberg, und durch bedeutende Sprengungen mußte erst Raum.
geschaffen werden für Straße und Eisenbahn.
Am Rande einer lachenden, von schön bewaldeten Höhen umzogenen Weitung des
Wesertales Hameln (22), sehr alter Brückenort mit manchen höchst sehenswerten alten
Bauten ausgestattet und bedeutend gewachsen, seitdem es Bahnkreuzungspunkt geworden
ist. Der alte Name Querenhameln — Mühlenhameln weist auf starken Mühlenbetrieb
hin, und heute wird hier eins der größten Mühlenwerke Deutschlands durch die Wasser-
Kraft der Weser getrieben. Lachsfang. Die Sage vom Rattenfänger ist eine alte, bei
vielen Völkern vorkommende Wandersage, die hier vermutlich an das unglückliche
Treffen bei Sedemünder (1259) — bei Münder a. D. — anknüpft, das die Bürger
gegen den Bischof von Minden verloren. Andere vermuten darin einen Nachklang der
Kinderkreuzzüge. Über der Stadt erhebt sich am Rande des mannigfaltigen Lippischen
Berglandes in schönen Formen der Klüt zu 258 m, 194 m über der Weser. In
der Nähe von Hameln das Schlachtfeld von Hastenbeck (1757). — Westlich der Weser
an der Emmer und der Bahn Hannover-Altenbeken das Schloß Hämelschenburg,
entstanden um die Wende des 16. und des 17. Iahrh., neben dem „Hochzeitshause"
und dem „Rattenfängerhause" in Hameln eine der schönsten Perlen aus der Renaissance-
zeit in unfern Landen.
g) Dicht an den Osning geschmiegt, südlich von Osnabrück, die Iburger
Berge (356 m); näher an Osnabrück der Hüggel- nordöstlich von der Stadt
der Piesberg (181 m).
Der Hüggel liefert trefflichen Braun- und Spateisenstein, der durch die große
Georgs-Marienhütte ausgebeutet wird, und 1999 ist an seinem Nordabhange ein
Steinkohlenflöz in 699 m Tiefe nachgewiesen, während im Piesberg, der eine
schwere, tiefschwarze Kohle birgt, der Betrieb wegen der andringenden Wasser ein-
gestellt worden ist.
1 Für diese Festlegung des Namens spricht tatsächlich nur der Name des Töte-
Hofes am Fuße der Grotenburg, aber der wird wohl nur der „Große Hof" bedeuten
und kommt in dieser Bedeutung auch anderswo vor, wäre aber doch ein Anhaltspunkt.
Daß der Berg in den altdeutschen Kämpfen eine große Rolle gespielt hat, beweisen
die beiden „Hünenringe". Es sind bedeutende „Burgen", aus Wällen und Mauerwerk
mit eingelegten Pfählen gebildet, scheinen aber eher auf die Sachsen- als auf die
Cheruskerzeit zurückzuführen. Die Stätte der Hermannsschlacht ist noch nicht gefunden,
aber doch zieht die Grotenburg, durch das Hermannsdenkmal geweiht, durch ihre
hervorragende Lage mit einer gewissen inneren Wahrscheinlichkeit in dieser Frage
immer wieder die Blicke auf sich.