1900 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Kirchhoff, Alfred
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
§ 6. Rußland.
37
seit des großen, fast menschenleeren Raumes der Pripet-Sümpfe folgen
von N. nach S. aufeinander die beiden getreide- und viehreichen klein-
russischen Landschaften Wolynien, Podolien (letztere zwischen dein obe-
ren Bug und Dnjestr), dann das ursprünglich rumänische Bessarabien
zwischen Dnjestr und Pruth mit ^Kischinew ^kischinjof^ in seiner Mitte.
Ö. von Wolynien und Podolien die Ukraine [ufreine] *; hier^Kiew [ft = ef],
1/4 Mill. E., wo die die Pripet-Moräste im S. umziehende Straße (jetzt
die Eisenbahn nach Moskau) den Dnjepr überschreitet, Hst. eines früheren ruf-
fischen Reichs in jener Zeit, als (um 1000) das byzantinische Christentum
von Konstantinopel den Dnjepr aufwärts ins russische Binnenland gebracht
wurde (noch jetzt das Höhlenkloster Kiews ein nationales Heiligtum der
Russen); ö. von Kiew ^Charkow [farfofj, neuester Zeit überaus rasch er-
wachsen durch den Handel mit den Landwirtschafts-Erzeugnissen seiner
fruchtbaren Umgebung, auch Universität. "Nikolajew [nifoldjef], am
Lim an [liman]2 des Bug, steht an Handelsbedeutung zurück hinter
^Odessa, weil dessen Hafen iin äußersten Nw. des schwarzen Meeres
von den größten Seeschiffen erreicht werden kann, daher Odessa die be-
deutendste pontische Handelsstadt Rußlands (Odessaer Weizen), 4 Ht. E.,
Universität.
5. So.-Rußland, das früher (und zum Teil noch jetzt) mohammeda-
nische Rußland, das Land der Tataren (wie man die hier bruchstückweise
erhaltenen Türkenstämme zu bezeichnen pflegt). Die Krim oder die tau-
rische Halbinsel, nur durch eine schmale Landenge mit dein Festland
verbunden, ist Steppenland (das Kamel bereits hier Lastträger), aber im
Schutz der Jaila vor den eisigen winterlichen Steppenwinden gedeihen an
der So.-Küste immergrüne Laubgewächse und Südfrüchte; an der Sw.-
Küste die bis 1855 für uneinnehmbar gehaltene Seefestung Sewastopol
Sewastopols; wo sich in Richtung der Jaila eine flache Landzunge von der
viereckigen Halbinsel gegen die asiatische Uferseite vorstreckt, der Hafenort
Kertsch an der Meerenge gl. N., welche in das für tiefer gehende See-
schiffe zu seichte, deshalb auch jeden Winter dauernd zufrierende afowfche
Meer führt, in dessen Hintergrund die Donmündung mithin keinen großen
Wert für Seehandel besitzt. — In der südrussischen Steppe viele deutsche
Kolonistendörfer, von Katharina Ii. in diesem „Neu-Rußland" angelegt,
ö. bis zur Wolga, abwärts von 'Samara, namentlich um ^Saratow
[faratofj. Die früheren Residenzen der beiden Tartaren-Khanate an der
Wolga: ^Kasan [fafan], etwas abseits vom l. User der Wolga an deren
Kniestelle (Straße von hier nö. nach Perm an der Kama im Berg- und
1 b. h. an (u) der Grenze (kraine), die einstige So.-Mark des kleinrussischen
Anteils des Königreichs Polen. Auch in dem österreichischen Landesnamen Krain
steckt das nämliche slawische Wort für Grenze und Grenzland.
2 Liman (vom griechischen Ilmus-^See, erinnernd an die hellenischen Kolo-
nieen an dieser Küste des einstigen Skythenlandes) bedeutet hier einen Meereseinschnitt
in der Richtung einer Flußmündung, welcher durch Sinkstoffe an seiner Verbindnngs-
stelle mit dem offenen Meer nahezu geschlossen und durch das Flußwasser großen-
teils ausgesüßt worden ist.